
Nachdem an Tag 1 des Drafts bereits DT Kenneth Grant ausgewählt wurde, hatten die Miami Dolphins an Draft-Tag 2 eigentlich zwei weitere Auswahl-Möglichkeiten an Position 48 und 98. Warum eigentlich? Weil sich die Taktik des Front office wohl bereits nach Tag 1 gehörig geändert hatte. Der beste auf dem Board verfügbare Guard, mit dem man sich im Vorfeld des Drafts bereits mehrfach getroffen und den man als absoluten Wunsch-Spieler auserkoren hatte, sollte durch einen Uptrade an die eigene franchise gebunden werden – und so konnte man mit den Las Vegas Raiders eine Einigung erzielen.
DER WERT DES TRADES
Zur Überprüfung des Preises lässt sich vor allem das trade value chart von Fitzgerald/Drafttek heranziehen; eines von zwei Modellen zur Berechnung des Wertes von Draft Picks. Hier werden jeder einzelnen Position Punkte zugewiesen – im Fall von Pick 37 wären dies 530 Punkte. Miami konnte für Platz 48 aber nur 420 Punkte eingehen; 110 Punkte mussten also kompensiert werden. Da Pick 98 aber nur 108 Punkte aufwies, wollte LV noch eine weitere Leistung als Ausgleich bekommen. So einigte man sich darauf, dass die Dolphins zusätzlich vom Ende der vierten Runde (Pick 135) in die fünfte Runde (an 143) zurückgehen und die Picks mit Las Vegas tauschen (sog. „pick swap“) würde. Der Trade value wurde also um 2 Punkte übererfüllt – ein absolut realistischer Deal auf Augenhöhe und keinesfalls überkompensiert.

Die Frage, die man sich stellen muss: war es der Spieler wert, auf die Auswahl-Option am Ende der dritten Runde zu verzichten (im Nachhinein gesprochen wären auf den need-Positionen der Dolphins, CB/S/TE, noch z.B. Safety Lathan Ransom, die beiden CBs Dorian Strong und Denzel Burke sowie Safety Billy Bowman verfügbar gewesen)? Stand 26.04. lässt sich die Frage mit „Ja“ beantworten. Denn: einzig Upton Stout, CB von Western Kentucky, ging Ende Runde 3 vom Board – und eine hohe Position auf den Big boards hatte der nicht gerade. Es schadet also nicht, diesen Pick für einen seiner absoluten Draft-Ziele aufgegeben zu haben. Was aber macht das Ziel der Begierde so außergewöhnlich?
Jonah Savaiinaea
Zunächst einmal vorab: man wird den Spieler nicht nur per Uptrade gepickt haben, weil er die gleiche Highschool besucht hat wie Tua, weil er einen samoanischen Background hat und weil er Ähnlichkeit mit einem Zeichentrick-Halbgott aus einem Disney-Film besitzt – Uce protecting Uce und so. Man wird bedingt seinen RAS beachtet haben, der bei 9.12 liegt – der aber auch einen ersten Anhaltspunkt liefert. Denn wer mit einem Gewicht von 324 Pfund einen 40 Yard dash von 4.95 hinlegen kann, der ist auf jeden Fall mit einer großen Masse sehr schnell auf den Beinen. Auf 10 Yards gibt es in dieser Draft class zumindest auch keinen schnelleren O-Liner, er ist also recht schnell mit den Füßen.

Der Offensive Liner aus Arizona hat darüber hinaus den Vorteil, dass er mehrere Positionen wird abdecken können. Im College hat er in den letzten drei Jahren sowohl snaps auf RT, RG als auch auf LT gesehen. Darüber hinaus war er bei den Wildcats auch einer der Team captains und hat so Verantwortung übernehmen können. Alleine schon ohne jegliche sportliche Komponente wären diese „soft skills“ herausragend. Savaiinaea stellt auf jeden Fall eine junge, physisch herausragende, Waffe dar. Denn mit 6´4 (etwas über 1.90 Meter) und schon beschriebenen 324 Pfund ist er ein über die Physis kommender Protector. Er passt damit – wenn man DT Grant mit dazu nimmt – in eine neue Philosophie der Miami Dolphins, denen aus Sicht vieler Experten in den letzten Jahren eben eine solche Physis abging und zu „soft“ erschien. Dies soll auch der Prospect aus Samoa ändern. Seine Stärken hat der 21-Jährige vor allem in der pass protection, während er im run blocking noch etwas Luft nach oben hat. Das er darüber hinaus ohne injury history zu den Dolphins kommen wird, spielt eher am Rande eine Rolle – dies sollte aber nicht unerwähnt bleiben.
Für die Offensive Line und deren Zusammenstellung hat dies allerdings auch Auswirkungen. Es darf vermutet werden, dass James Daniels nun auf die LG-Position wechseln wird und Savaiinaea RG spielen soll. Neben RT Austin Jackson und LT Patrick Paul steht weiterhin Center Aaron Brewer. Damit wären hier entsprechende Needs bedient.

An Tag drei nun werden die Dolphins vor allem die fünfte Runde dominieren (können). Als nächstes sind sie an Pick 116 in Runde vier dran – eventuell machen sie noch den einzig verbliebenen stark drückenden Need auf CB dicht. Das ist die einzige Option in R4. Dann aber kommen kurz hintereinander (143 von L.V., 150 der eigene, 155 von den Broncos) drei Optionen in diesem Bereich. Wenn man sich den Value und den Trade-Willen von Jalen Ramsey vor Augen hält, eventuell sogar eine zusätzliche Option in Runde vier oder fünf. Da wird heute bei den Dolphins noch einiges passieren, nehme ich an. Aber warten wir es ab…
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