Wenn es gilt, das Spiel von Sonntag Nacht zu rekapitulieren, ist das auf den ersten Blick recht einfach. Ein 16:10-Heimsieg, der durch das vorletzte play des Spiels entschieden wurde und die Pittsburgh Steelers in die Schranken wies (der letzte snap bestand aus der victory formation). Aber das beschreibt nur recht unzureichend ein Spiel, welches ich – trotz Führung – zur Halbzeit als verloren glaubte. Aber warum ich böse Vorahnungen hatte, erschließt sich im weiteren der Betrachtung.
Tua is back – und wie
Das Spiel begann eigentlich, wie man sich es als Anhänger*in der Fins nicht besser hätte ausmalen können. Das erste Quarter war mit leichten Abstrichen sicher eins der besten Viertel in dieser Saison. In knapp vier Minuten marschierte die Offense 71 Yards über das gesamte Feld. Zwar begann der opening drive mit einer Flagge gegen Liam Eichenberg; das sollte Tua & Co. dieses mal aber nicht aufhalten können. Als wäre der Hawaiianer nie weg gewsen, knallte er drei Pässe für 20,17 und 9 Yards auf Hill und Waddle aufs Feld. Nur wenig später band er auch TE Mike Gesicki für 15 Yards in die Offense mit ein. Als er dann auch noch Raheem Mostert fand, der den Weg in die Endzone zurücklegte, sah die Offensive bärenstark aus. Sechs der ersten sieben Pässe angekommen, darauf hatte Pittsburgh keine Antwort.
Die Steelers generell im ersten Quarter nicht mit dem Hauch einer Chance oder einem echten Zugriff. Die O-Line hielt und blockte beeindruckend, die defense stoppte RB Najee Harris und QB Kenny Pickett nach bereits drei Versuchen. Zweiter Dolphins Drive – und bis zur gegnerischen 12 konnte neben Tua nun auch Mostert mit drei Läufen für 28 Yards überzeugen. Miami drohte die von Mike Tomlin gecoachten Gegner regelrecht zu überfahren. Das es letzten Endes nur zu einem FG reichte, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als ein Schönheits-Fehler. Zumal dieser – ganz entsprechend der keys to win – mit etwas Glück und einer ersten INT von Justin Bethel unterstrichen wurde. Zwar kein Druck auf Pickett, aber auch keine offensive production des „local boy“-Rookies. Dritte offensive Sequenz – dritter Score. Aber hier sollte sich das „Elend“ schon andeuten. Durch drei teilweise leichtfertig vergebene und nicht sauber exekutierte pass plays blieb der Angriff an der 23 stehen und Jason Sanders musste mal wieder ran. Dominantes Spiel, aber „nur“ 13:0 vorne, wo es locker schon 17:0 hätte stehen können – wenn nicht gar müssen.
Ab dem zweiten Viertel herrscht der Krampf
Danach allerdings riss es bei den Dolphins vollends ab. Ich hatte an der ein oder anderen Stelle den Eindruck, dass die Ausführung auf beiden Seiten des Balls nicht mehr zu 100% ausgeführt wurden und sich die anfängliche Dominanz in den Köpfen der Spieler eingenistet hatte. In den folgenden 47 Minuten (wir befinden uns noch immer im ersten Quarter) sollten Miami noch ganze 3 Punkte gelingen. Die Genauigkeit von Tua sank ebenso drastisch, wie sich das Laufspiel zurück entwickelte. Hatte der Hawaiianer am Ende des zweiten Quarters noch ein 100er passer-rating, sank dies in der zweiten Hälfte frappierend. 180 Yards und ein TD folgte leider nicht mehr soo viel. Natürlich stellten sich die Verteidiger besser ein; das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn der O-Line gelang es über weite Strecken des Spiels recht gut, Tua vom Druck fernzuhalten. Davon zeugt die Tatsache, dass es den Herren in gelb-schwarz nicht gelang, Tua auch nur ein mal zu Boden zu bringen. Lediglich ein QB hit wird im Stat book ausgewiesen. Das sah im Vergleich zu vorherigen Begegnungen schon wesentliich besser aus; die Rückkehr Terron Armsteads machte sich deutlich bemerkbar.
Woran hat et jelegen?
Eine z.T. fragwürdige play-Auswahl, schlechte Execution, unsaubere Pässe und – das muss man ehrlich so sagen – jede Menge Dusel (über den Verlauf des Spiels zählte ich mindestens vier Turnover worthy plays, die aber allesamt von den Steelers verdaddelt oder weggeworfen wurden) bildeten fortan das offensive Bild. So verzichtete Mike McDaniel darauf, beim Stand von 16:10 ein FG zum „two score lead“ zu schießen. Stattdessen ließ er den bis sahin (wieder mal) nicht erfolgreichen Chase Edmonds einen vierten Versuch laufen – der prompt scheiterte und das Spiel bis zum letzten play in Reichweite Pittsburghs beließ. Eine dikutable Entscheidung mit Sicherheit, aber aus meiner Sicht „nur“ fahrlässig. Viel schlimmer fand ich in diesem Zusammenhang die Spielzug – Auswahl des play callers sowie die Wahl von Chase Edmonds als „got to guy“. Aus meiner Sicht hätte man hier entweder Mostert den Ball geben müssen oder ein trick play auspacken sollen. Doppelter Handout zwischen Tua, Mostert und Waddle z.B. oder was weiß ich. So hielt man die Steelers mit der Nase am Sieg schnuppernd an der langen Leine. Deren Offense hätte nur einen zweiten Drive beenden müssen.
Kenny „Pick it“ Pickett und die Offense der Steelers – von Stahl keine Spur
Die Tatsache, dass Miami dieses Spiel letzten Endes gewinnen konnte, hat viel mit den beiden Offensiv-Akteuren Najee Harris und Kenny Pickett zu tun. Zwar war die von OC Matt Canada betreute Truppe in der Lage, noch im zweiten Quarter zwei scoring drives zu erzielen und Joh Boyer & Co. schlecht aussehen zu lassen. Danach aber ließen Rookie Kenny Pickett & Co. die vielen Chancen, die der harmlse Angriff der Dolphins ihnen bot, allesamt ungenutzt. Der Absolvent des Colleges von PIT musste auch sechs hits und zwei Sacks (1.5 sacks und 2 hits gehen auf Jaelan Phillips) einstecken. Generell hatte er aber viel zu viel Zeit. Der im Vorfeld ausgemachte Schlüssel zum Sieg, den QB unter Druck zu setzen und so zu Fehlern zu zwingen, konnte nur höchst selten umgesetzt werden. 32/44 für 257 Yards, ein TD – das zeugt schon davon, dass er sowohl vom pass rush der Dolphins als auch der Secondary gewisse Freiheiten erhielt, die er gemeinsam mit TE Patt Freiermuth (75 Yards), Rookie George Pickens (der 61 Yards und einen sehenswerten TD) und Co. auch immer mal wieder ausnutzen konnte. Wurde es allerdings ernst, machte der Junge Fehler.
So zog sich das Spiel auch immer weiter und schleppte sich dahin. Miami wollte irgendwie nicht (irgendwann war da dann aber auch offensiv die Luft vollkommen raus und es wollte nichts mehr gelingen) und Pittsburgh konnte nicht. Einige sehenswerte Spielzüge mit geringerem Raumgewinn konnte Kenny Pickett erzielen, so dass er letzten Endes sogar mehr First Downs erreichen konnte als die Offense der Dolphins. Die verließ sich zu großen Teilen auf die eigene Defense, die in den entscheidenden Momenten da war und eine Niederlage letzten Endes verhinderte. Dies tat sie im Übrigen mit gütiger Unterstützung des QBs von Mike Tomlin, was ihm letzten Endes eine nicht so gute Gesamt-Bewertung einbrachte. Einige der insgesamt drei Interceptions warf der Rookie ohne große Not. Drei INTs? Ja, genau! Dieser key to win konnte durch die Defense dieses mal ausgeführt werden. Neben dem schon angesprochenen Justin Bethel packten nich Jevon Holland und Noah Igbinoghene zu.
DIE Story des Spiels – Noah Igbinoghene
Ja, ihr habt richtig gelesen und das Spiel richtig verfolgt. Der ehemalige 1st roun Rookie aus Auburn hat eine Interception gefangen und den Dolphins damit den Sieg gerettet. Seine ansteigende und ansprechende Form konnte er ja bereits in den letzen Wochen aufzeigen. Das aber ausgerechnet er das game winning play würde setzen können, das hatte der Spielverlauf beim besten Willen nicht absehbar gemacht. Vielmehr hatte Noah einen ziemlich schweren Abend. Die Steelers hatten (zu Recht wohl) ihn als Schwachpunkt der Pass-Verteidigung ausgemacht, während sie Xavien Howard (2 targets für 10 Yards) lieber nicht anwerfen wollten. Da sich vor dem Spiel nur Bethel und Elijah Campbell als active herausgestellt hatten, blieb nur er als zweite CB-Option übrig – und er wurde in seinem vierten Career-start schwer getestet. Er verpasste einige Coverages, stand zu weit von seinem Gegenspielern weg und ließ u.a. eine 30 Yards-Bombe von Pickens auf Pickett zu. Manche Fans waren schon dabei, ihn wieder zum Teufel zu jagen (und auch ich hatte mich mit Kritik an ihm in letzter Zeit nicht zurückgehalten). Die letzte Aktion machte ihn aber zum Helden des Tages.
Pittsburgh lag auch vor dem letzten Drive immer noch in Sieg-Reichweite und Kenny Pickett bewegte seine Offense recht gut über das Feld. Das Problem war lediglich die Zeit. Zwar hatte Mike Tomlin anders als sein Gegenüber Mike McDaniel Ende des zweiten Quarters das clock managment besser im Griff. Dennoch befand sich der Angriff ohne vorhandene Timeouts – diese waren zuvor verwendet worden, um in einem weiteren erfolglosen Drive der Miami-Offense nach der INT von Jevon Holland die Uhr anhalten zu können – etwas unter Zeitdruck. Mit einem TD hätte man das Spiel ausgeglichen, mit dem Extra-Punkt gewonnen. Doch dann nahte die große Stunde der Dolphins-Nummer 9. Er setzte sich von seinem Gegenspieler ab, coverte die linke vordere Ecke der Endzone und wartete auf den Pass von Kenny Pickett. Mit einer sehenswerten Körperbeherrschung konnte er den Pass fangen und beide Zehenspitzen innerhalb des Felds auf den Boden bringen (dies hatte ihm der Referee nicht zugetraut und zunächst auf out of bounds entschieden). Damit hatte Miami ein Spiel gewonnen, welches sie locker hätten nach Hause schippern können. In dem sie durch vermeintlich fehlende Konzentration einen schwachen Gegner stark machten und ihm Spiel hielten. Das sie bei besserer Ball-Behandlung der Steelers-DBs auch locker hätten verlieren können. So konnte der Abwärts-Trend gestoppt und ein positiver record aufgestellt werden, bevor es in der kommenden Woche zum Duell mit Matt Campbell und den Detroit Lions geht. Diese sind aufgrund des records von 1-5 vermeintlicher Underdog am Sonntag um 18 Uhr (BEACHTET DIE ZEITUMSTELLUNG!!!). Man sollte sie aber dennoch nicht unterschätzen und auf die leichte Schulter nehmen. Gegen die Pittsburgh Steelers wäre das beinahe daneben gegangen…
#Finsup! und schönen victory monday!
Keine Antworten