Vorstellung für die Dolphins: wichtige Positionen im Draft, Teil I – die Tight End-Position (incl. Geschichts-Stunde)

Einer der großen Tight Ends in der Geschichte der Miami Dolphins: Larry Seiple (nebenbei auch als Punter aktiv gewesen)

Eine Position, die im 2023er-Draft der Miami Dolphins sicher adressiert werden dürfte, ist die des Tight Ends. Nach der Nicht-Verlängerung von Mike Gesicki (jetzt für teuer Geld in Boston bei den Patriots), der Involvierung von Hunter Long beim Ramsey-Trade, dem Nicht-Verlängern der Verträge von Cethan Carter und Adam Shaheen sowie dem Neu-signing von Eric Saubert stehen mit diesem und Durham Smythe nur noch zwei Spieler dieser Positions-Gruppe im roster der Fins. Da sich (wie er verriet) Irv Smith Jr. für ein Angebot der Bengals, entschied, statt nach Miami zu wechseln, ist der Markt der Free Agents bei Tight Ends wenig ergiebig. Es bleibt also zwangsläufig eine Verstärkung durch den Draft.

Laut Pro-Football-Reference war Bruce Hardy, der von 1978 bis 1989 bei den Dolphins Tight End war, der erfolgreichste TD-Sammler seiner Position. Mit 25 kann er Anthony Fasano (24) und Jim Mandich (23) hinter sich lassen. Er war sowohl beim blocking als auch Passen solide, aber nicht herausragend. Er ist aber mit der einzige TE, der (von 1978 bis 1989) nur für die Dolphins – und hier sowohl mit Bob Griese als auch Dan Marino zusammenspielen durfte

Wer also in der „class of 2023“, die als eine gut und tief besetzte Klasse für die Position angesehen wird, kann sich also einen Namen in der Franchise aus Florida machen und Namen wie Larry Seiple (s.o.), Charles Clay, Randy McMichael oder Anthony Fasano nachfolgen? Bei Pro Football Reference sind 61 Spieler angegeben auf der Position, insgesamt werden es in der Franchise-Geschichte wohl knapp 90 Spieler gewesen sein, die diese Position ausgefüllt haben. Es stellt sich die große Frage, ob man eher einen pass catching TE (wie Gesicki), einen reinen blocking TE oder einen Mittelweg aus beiden Komponenten suchen wird. Zumindest hat man sich (und wird sich bis zum Draft auch noch) mit einigen wichtigen prospects treffen, die in der Folge vorgestellt werden sollen. Ob sie die 3096 Yards eines McMichael oder die 25 TDs eines Bruce Hardy erreichen, bleibt abzuwarten.

Randy McMichael, an 114. Stelle im Jahr 2022 gedraftet, hält den Rekord für erzielte Yards bei den Miami Dolphins. In der Zeit bei den Fins (2002-2006) erzielte er über 3.000 Yards. Mike Gesicki kommt in den letzten Jahren da „nur“ auf 2617 Yards Catching.

Die Rookie-TE-Class des Draftjahrgangs 2023 in der range der Dolphins

In den meisten Draft Boards finden sich einige Tight Ends wieder. Auf dem Consensus big board der NFL mock Draft Database sind es 25 an der Zahl. Die alle hier vorzustellen würde wohl wesentlich zu umfangreich werden. Die Frage, ob z.B. ein Ben Sims von Baylor oder Kyle Patterson von der Air Force überhaupt eine Chance in der NFL bekommen werden, ist durchaus berechtigt. Ich werde mich in diesem Artikel auf diejenigen konzentrieren, die zwischen 30 und 120 in der Range der Dolphins-Picks zu finden sind. Das dies bedeutet, dass hier Michael Mayer (Notre Dame) und Dalton Kincaid (Utah) außen vorgelassen werden, ist zwangsläufig. Sie werden wohl deutlich vor Pick 50 vom Board gehen und es besteht keine realistische Chance, sie im nächsten Jahr bei den Dolphins zu begrüßen. Viel mehr wird es hier um Sam LaPorta, Tucker Kraft (beide bestätigten Gespräche beim Combine), Cameron Latu, Brenton Strange (hier fanden Gespräche bei den Por days statt) und Darnell Washington (überzeugte sehr beim Combine) gehen. Als Quelle liegen dem (wenige) eigene Tapes zugrunde sowie die Draft-Profile auf den großen Plattformen.

Die Miami Dolphins haben sich in der Draft-Vorbereitung u.a. mit Brenton Strange von Penn State unterhalten. Hier war HC Mike McDaniel sogar persönlich bei den Pro days – das kann, muss aber nichts bedeuten.
  1. Darnell Washington (Georgia), 6´7, 265 lbs (201 cm, 120 kg) ist der Kandidat, der wohl eher nicht mehr auf dem Board ist, wenn die Dolphins picken. Für die Bulldogs in drei Jahren zwar „nur“ knapp 775 Yards und 2 TDs erzielt, aber dafür national Champion geworden und beim Combine ziemlich überzeugt. Der vielseitig verwendbare Sportler (hat an der Highschool Basketball gespielt, im Football auch Defensive End) bildete gemeinsam mit Brock Bowers mit das überzeugendste Duo auf TE. Er überzeugt durch eine herausragende Physis – vor allem als blocking TE ist er eine echte Stärke. Mit 15 kg mehr könnte er ja auch locker als Lineman durchgehen. Was ihm auf der anderen Seite abgeht, ist die Explosivität. Natürlich ist er nicht so wendig und beweglich wie Spieler, die deutlich kleiner und flinker sind als er. Im Blocking gegen blitzende DBs, die ihn buchstäblich links liegen lassen und an ihm vorbei auf QB-Jagd gehen, sieht er natürlich nicht gut aus. Besonders gut sieht er dagegen in der Red Zone aus. Richtig eingesetzt, ist er mit seiner Größe, seinen Basketball skills und seinem blocking in dieser Feld-Position ideal. Mit seiner Athletik kann er aber auch nach außen gestellt werden und ist durch einen DB nur schwer zu stoppen. Gerade aufgrund dieser Tatsache wird er eher in der ersten Hälfte von Runde zwei gesehen und an 51 wohl nicht mehr auf dem Board sein. Wenn doch – absolute Pick-Empfehlung.

2. Sam LaPorta (Iowa), 6-4, 249lb (193cm, 112kg) hat bei den Hawkeyes in den letzten Jahren eindrucksvoll seine Stärken als Receiving TE aufgezeigt. Die letzten beiden Jahre je über 650 Yards, insgesamt am College 1786 Yards und 5 TDs durch die Luft. Auch er hat früher eine andere Position gespielt und sich in anderen Sportarten betätigt. Anders als Washington war er aber neben Football (Wide Receiver) und Basketball als Läufer unterwegs. Er übernimmt stets gerne auch Verantwortung für andere und firmierte bei Iowa als einer der Team Captains. Er war aber auch stets „got to guy“ der Hawkeyes-Offense und konnte so seine Stärken untermauern. Hier schließt sich aber gleichzeitig auch der Nachteil an: er kann alles ein bisschen, aber nichts wirklich gut. Mismatches lassen sich mit ihm nicht kreieren und wirklich dominant im blocking ist er auch nicht. Er besitzt eine okay Technik, die ihm aber gegen dominante Defensiv-Spieler nicht reichen wird. Seine Draft range ist sehr schwer zu beurteilen. Die reicht von 75 (Draft Network) über 65 (Industry Consensus big board) bis hoch zu 50 (PFF) oder sogar darüber hinaus. Ich persönlich würde ihn wohl eher nicht draften

3. Tucker Kraft, South Dakota State (6´5, 255 lbs)

In diese Kategorie fällt auch Tucker Kraft von South Dakota State. Dessen range reicht – übertrieben gesagt – von 40 bis 140. PFF hat ihn auf 89, das Consensus board auf 64, das Draft Netowrk auf 52. Wie viel von seinem Wert letztlich der Tatsache geschuldet ist, dass South Dakota State einen Spieler namens Dallas Goedert hervorgefördert hat, ist fraglich. Im Gegensatz zu anderen Spielern seiner körperlicher Verfassung ist er durchaus agil und flink, so dass er dies in der Offense zu nutzen weiss. Als Blocker ist er gut zu gebrauchen, allerdings hat er mit den Jackrabbits jetzt auch nicht die große Konkurrenz vor sich gehabt. Sein skill set ist allgemein noch etwas roh, das Ceiling als kompakter Tight End und Alleskönner ist aber schon hoch. Kraft wird nicht von Tag 1 an helfen und einschlagen können, er ist mehr so ein Projekt, dass aus seinen durchaus vorhandenen Anlagen noch das eine oder andere machen kann. Da sich Miami aber in einer Phase befindet, die sofortigen Erfolg bedarf, würde ich auch von Tucker Kraft eigentlich die Finger lassen.

4. Bei Brenton Strange (Penn State, 6´3, 250 lbs) und Cameron Latu (Alabama, 6´5, 244 lbs) ist die Bewertung nochmals diffiziler. Ob die nun an 100 oder an 200 gehen, scheint recht offen zu sein. Auf dem consensus board zwischen 146 und 197, bei PFF auf 215 und 251, beim Draft Network an 200 und 148 – Latu und Strange sind nur schwer einzuordnen. Bei beiden waren die Coaches auf den pro days und haben mit beiden gesprochen. Ein gewisses Interesse ist demnach vorhanden. Bei Latu fehlt es in erster Linie an der Athletik, das Spielverständnis bringt er mit. Er muss sich aber generell, das hat man auch bei Alabama gesehen, noch athletischer entwickeln, um ein „richtiger“ Tight End zu werden. Bei ihm griffe die gleiche Argumentation wie bei Brenton Strange. Auch der ist eher ein Projekt denn eine Sofort-Hilfe, aber sicherlich noch um einiges „roher“ als Latu. Zwar konnte er bei Penn State auf sich aufmerksam machen, weil er eine „YAC machine“ (schwer zu tacklen, Yards after catch produzierend) zu sein scheint. Bei Penn hat er aber nicht so das gezeigt, was einen kompletten Tight End ausmacht. Wirklich die gesuchte Stelle würde er bei den Dolphins auch nicht ausfüllen können.

EIN KULTURELL HOCHWERTIGES FAZIT

Das Goethe mal in einem Satz mit College-Football genannt würde, hätte sich sicherlich auch er nicht träumen lassen. „So steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug, als wie zuvor“ – alles nichts Halbes und nichts Ganzes. Die sehr guten prospects im Rookie-Jahrgang sind für die Dolphins nicht erreichbar. Gerade auch ein Darnell Washington. der an 51 ein echter Steal wäre, könnte bereits in der ersten Runde weggehen. Alle anderen Kandidaten sind entweder erheblich später zu haben (Latu, Strange so ab 4./5. Runde) oder aus meiner Sicht nicht optimal. Wenn Miami aber an 51 einen Tight End picken möchte, dann werden es Kraft oder La Porta sein. Dann wäre mir der erprobte Hawkeye von Iowa am Liebsten.

Wer das Ganze auch visuell von Kyle Crabbs möchte – einfach dem Link folgen

https://www.youtube.com/watch?v=OEdYxMsjkh0

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