Die Suche nach neuen Coaches – so geht´s in der NFL

Noch ist die aktuelle Saison nicht ganz vorbei und schon mit dem Ende der regular season sind viele franchises händeringend auf der Suche nach neuen Head Coaches, Coordinators usw. Gerade gestern standen bei den Miami Dolphins zwei Gespräche über die Nachfolge von DC Josh Boyer statt, als Favorit war gestern Vic Fangio zu Besuch. Dem dürfte Miami aber gestern (selbst wenn sie wollten) noch kein Arbeits-Papier vorlegen. Doch welche Regeln gilt es bei der Auswahl und der Interviews mit potentiellen Kandidaten zu beachten – und was hat der ehemalige Besitzer der Pittsburg Steelers, der verstorbene Dan Rooney, damit zu tun? Dies soll an dieser Stelle kurz und kompakt erläutert werden.

How to hire a NFL (Head) – Coach

Möchte eine franchise sich nach einer mehr oder weniger schwachen Saison vom bisherigen Coach trennen, funktioniert das recht einfach – in der Regel schon am Montag nach dem letzten Spieltag der regular season. Er wird deswegen auch „black monday“ genannt. 2023 war es recht ruhig – aber einige franchises hatten die Entscheidung einer Trennung ja auch bereits vorher mitgeteilt (Houston Texans) oder während der Saison vollzogen (Matt Rhule in Carolina z.B., Nathaniel Hackett bei den Broncos oder Frank Reich bei den Colts). Lediglich Cliff Kingsbury von den Arizona Cardinals wurde an dem Montag entlassen. Dies war in den letzten Jahren durchaus auch schon mal anders. 2022 zum Beispiel waren es mit Flores (Fins), Zimmer (Vikings) und Nagy (Bears) deren drei – mehr sind aber auch keine Seltenheit.

Was nicht so einfach ist wie das „to fire“ ist das „to hire“, denn hier hat die NFL klare Regeln festgelegt. Unter anderem existiert eine „Interview timeline“, also eine Zeitspanne, in der sich die franchises mit potentiellem neuen Personal treffen dürfen. Zwei Dinge sind hierfür grundlegend: erstens muss die abgebende franchise ihre Zustimmung zu einem Gespräch geben. Zweitens muss die Timeline beachtet werden, damit positional coaches, die mit ihren Teams noch im Playoff-Rennen sind, einigermaßen in Ruhe arbeiten können. Auch hier hat sich der Besitzer der Miami Dolphins (negativ) hervorgetan und sich mit Sean Payton zum Gespräch getroffen, obwohl es weder lt. Regel 1 noch Regel 2 erlaubt gewesen wäre. Die Dolphins verzichten demnach auf den 2023er Erstrunden-Draft-Pick – aber wer braucht schon Pick 21? Die NFL zumindest nicht, denn nach Pick 20 (Seattle) werden die Chargers zwar die 21. Wahl haben – aber mit Pick 22 ^^. Aber das nur am Rande. Zurück zum Zeitplan. Nach der regular season ausgeschiedene franchises können/konnten 2023 ab dem 10. Januar bereits virtuelle meetings mit Coaching-Kandidaten vereinbaren, deren Teams ebenfalls entweder nicht in den Playoffs vertreten waren oder eine bye week hatten (2023 die Eagles und Chiefs). Auch nach der Wild Card-Runde eine Woche später war diese Regelung für den folgenden Tag nach dem jeweiligen Ausscheiden gültig.

Eine Besonerheit gilt nun für Coaches, die mit ihren Teams diese Runde überstanden haben. Als Beispiel nehmen wir mal den eben genannten DeMeco Ryans, DC der San Francisco 49ers. In der Regel sind alle Interviews für die hier beteiligten Coaches so lange verboten, wie die Teams im SB-Rennen sind. In der Arbeitswoche vor dem Pro Bowl, oder einfacher gesagt, dem Sonntag vor dem SB sunday, dürfte aber auch Ryans in eine zweite Runde von Interviews gehen, was schon ein deutliches Zeichen für gegenseitiges Interesse ist. Damit sie ein zweites Interview machen dürfen, haben sie (ach was…) natürlich vorher ein erstes durchgeführt. Diese Zeitspanne ist wie gesagt die Woche vor den Championship games. So hatte Ryans hier bereits erste Gespräche mit vielen suchenden franchises. Diese fanden natürlich zunächst virtuell statt, so dass er nicht auf dem Weg in den Super Bowl gestört werde. Denn DAS ist ja das Ziel jeder franchise, wenn ein neuer Coach verpflichtet werden soll.

Tony Dungy und Dennis Green als Vorreiter – die „Rooney rule“

Eine Besonderheit seit dem Jahr 2003 bildet die nach dem ehemaligen Besitzer der Steelers benannte „Rooney rule“. Sie verpflichtet die einzelnen franchises, während des Interview-Verfahrens auch mindestens ein Gespräch an ein Mitglied einer Minderheit zu vergeben und ihm oder ihr die Chance zu geben, diesen Job auch zu bekommen. Rund um diese Regel gibt es gerade bei den Dolphins in den letzten Jahren einiges Aufsehen: erstens hat ja eben wegen dieser Regel (und der Tatsache, dass manche franchises offenbar die „minority candidates“ nur einladen, weil sie es müssen – und nicht, weil es tatsächlich eine Chancengleichheit gibt. Aber das zu beweisen dürfte schwierig werden) Miamis Ex-Coach Brian Flores eine Klage angestrengt.

Zweitens erfüllt (mindestens) einer der aktuellen Trainer die Bedingungen der „Rooney rule“ – Head Coach Mike McDaniel dank seiner afro-amerikanischen Wurzeln. Für die abgebende franchise greift dann eine Besonderheit (in diesem Fall die 49ers). Um die Hemmschwelle zu senken, minority coaches einzustellen, und deren Entwicklung bzw. Ausbildung zu würdigen, durfte San Francisco im Fall von Coach McD mehrere Draft picks als „Belohnung“ bekommen. Im aktuellen hiring-Fenster würde das bedeuten, dass SF für DC DeMeco Ryans ebenfalls kompensiert würde, sollte er an anderer Stelle einen Posten als HC annehmen. Einschränkung zum Abschluss: dies gilt nur für den Prozess während der Off- und Pre-Season. Für Interim-Head Coaches gilt diese Regel dann nicht.

WAS DAS AKTUELL FÜR DIE DOLPHINS BEDEUTET

Die Dolphins sind derzeit auf der Suche nach einem neuen DC. Sie haben sich für den 25.01. die Herren Vic Fangio (langjähriger DC, drei Jahre lang HC der Broncos) und Sean Desai (aktueller DC der Seattle Seahawks) eingeladen. Für den 26.01. sind Interviews mit dem bisherigen LB-Coach, Anthony Campanile, und dem DC der New Orleans Saints, Kris Richard, geplant. Die Voraussetzungen sind formal erfüllt. Die Seahawks haben sich in der WC-Runde und die Dallas Cowboys in den Divisional playoffs am Montag, den 23.01. in die Offseason verabschiedet. Sean Desai „erfüllt“ die Voraussetzungen, einer ethnischen Minderheit anzugehören. Kris Richard tut dies offensichtlich auch. So bleibt die „Rooney rule“ gewahrt. Das die beiden Kandidaten aber wegen ihrer fachlichen Kompetenz ausgewählt wurden, steht außer Frage. Desai hat als stellvertretender HC von Pete Carroll in Seattle sehr überzeugt. Kris Richard, den wir im Vorfeld der McDaniel-Verpflichtung auch zum HC-Interview in Miami zu Gast hatten, steht schon länger auf der Liste. Da stand im letzten Jahr übrigens auch Vic Fangio, den Mike McDaniel gerne schon letztes Jahr an seiner Seite wollte. Damals entschied er sich für die Position eines „defensive consultant“ bei den Eagles. Ob er dies zu Gunsten des DC-Postens in Miami aufgeben wird, bleibt abzuwarten.

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