RPO, was ist das eigentlich?

Dieses Jahr war die „Run Pass Option“ (RPO) unter den Dolfans in aller Munde.

Ähnlich, wie letztes Jahr alle über „Zero Blitz“ im Zusammenhang mit der Defence sprachen, drehte sich in der 2021er Saison viel um die Offensive und eben diese RPOs.

Aber was genau ist das jetzt eigentlich?

Grundsätzlich sind RPOs Spielzüge, bei denen ein Pass UND ein Run gecalled sind, und der Qb, basierend auf bestimmten Indikatoren, erst nach dem Einnehmen der Formation entscheidet, was davon zum tragen kommt. 

Die Gedanke dahinter ist es, eine Defence, oder zumindest bestimmte Schlüssel-Verteidiger in einen Konflikt zu bringen. „Kommt da ein Pass, dann muss ich…, oder ist es ein Lauf dann muss ich aber…“.

„Innere Konflikte“ bei Verteidigern was zu tun ist auszulösen, das ist die Kernidee der RPO.  Das Gleiche sollen aber z.B. auch PlayAction oder Read Option Spielzüge schaffen.

Wo liegt der Unterschied von RPO zu Play Action und Read Option?

Auch Play Action und Read Option sollen ja die Verteidigung kurz verwirren und Verteidiger vor die Frage stellen, „was soll ich tun?“. 

Selbst bei gestandenen Kommentatoren, erst Recht aber bei Social Media Diskussionen ist gelegentlich eine gewisse Verunsicherung feststellen. Da wird auf einmal jeder Spielzug zur RPO ;))

PlayAction: 

Hier ist (für die Offense) klar, dass ein Pass gespielt werden wird. Der Defence soll aber, zumindest kurz, ein Run verkauft werden. Der Qb täuscht also die Ballübergabe nur an. Die O-Liner verkaufen ebenfalls den Run, indem sie sich, wie bei einem Lauf, nach vorne werfen, dann aber nicht durchziehen, sondern in die Pass Protection gehen (sonst hätte man auch ein „illegal man downfield“ Problem).

Der Ball wird aber geworfen.

Die Effektivität des PlayAction Spiels ist statistisch gut untersucht. PA ist deutlich effektiver als „normales“ Passen und auch unabhängig vom guten (oder schlechten) Laufspiel. Das liegt daran, dass Verteidiger einfach auf eine Zehntelsekunde länger gucken müssen, um erst mal den möglichen run auszuschließen, bevor sie ihre Passverteidigungsaufgaben wahrnehmen können. 

Also: PlayAction; ein Pass wird als Run verkauft durch (kurzfristiges) vorwärts blocken der O-Line und angetäuschte Ballübergabe an den Rb.

Read Option:

Die Read Option ist ein Run, der auch ein Run bleibt, bei dem aber unklar sein soll, wer den Ball läuft. 

Diese Spielzüge wurden mit den mobilen Qbs populär. Denn, es erhält wie (fast) immer  erst mal der Qb den Ball und je nachdem, was er in der Verteidigung „liest“ hat er die „Option“ den Ball weiter an den mitlaufenden Running Back zu pitchen oder selbst zu rennen.

Das Schöne an der Read Option ist, dass der Qb aktiv bei Läufen einbezogen wird und nicht nur der Übergeber des Balls ist. Dadurch kann man z.B. gut Edge Defender aussteigen lassen. Zieht der Verteidiger Richtung RB, dann behält der Qb den Ball, zieht er Richtung Qb, wird der Ball abgegeben.

Also: Read Option ist ein Lauf, bei dem der Qb nach dem snap entscheidet, ob er den Running Back, oder sich selbst als Läufer einsetzt.

Was ist denn jetzt eine RPO?

Bei einer RPO ist, anders als bei den beiden vorgenannten Konzepten vorher nicht festgelegt, ob sich der Spielzug als Pass oder als Lauf entwickelt. Der Spielzug beginnt immer wie ein Run. Die O-Line blockt nach vorne, der Qb und der RB kommen zusammen (wie) für eine Ballübergabe. 

Es werden aber ein Laufspielzug UND ein Pass Play im Huddle festgelegt. Welcher zur Anwendung kommt entscheidet der Qb, je nachdem was er auf dem Feld sieht.

Dabei gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten wann diese Entscheidung fällt: pre- oder post snap,

Ob der Qb vor oder nach dem snap entscheiden muss, hängt von den ausgewählten Spielzügen ab. 

RPO Spielzüge mit pre-snap Entscheidungen:

Hier wird oft von „leverage based“ und „numbers based“ RPOs gesprochen.

Bei leverage based RPO plays schaut der Qb pre-snap zum Beispiel auf die coverage seiner Receiver. Geben die Defensive Backs viel Puffer und spielen nicht Press-Coverage kommt der Pass. Stehen die DBs eng bei den Receivern kommt der run. 

Hier findet man viele Slants und Receiver Screens. Die Idee dahinter ist, dass ein Corner, der mit 7-8yd Puffer zum Receiver steht, auf jeden Fall eine kurze 4 yd completion möglich macht. 

Bei einer numbers based RPO fällt die Entscheidung für ein run- oder pass play ebenfalls vor dem snap.

Hier muss der Qb entscheiden, ob für das angedachte Laufspiel die Anzahl der Verteidiger in der Box passen. Und auch darauf reagieren, wenn die Defence einen Player wieder rausdroppen lässt, oder einen weiteren in die Box reinschickt. Steht die Box ungünstig für den Lauf, dann wird der Pass gewählt. Die Passrouten hier sind oft darauf ausgelegt man-Coverage zu schlagen, gerne auch tief. Das liegt daran, dass beim „loading the box“ die Verteidigung oft man Coverage spielt und nur ein, oder kein Safety für den Pass abgestellt ist. 

Der Vorteil dieser Pre-Snap-RPOs gegenüber gewöhnlichen Spielzügen ist, dass immer ein Alternativspielzug parat liegt und dass die Defence rumhüpfen kann wie sie will, denn die finale Entscheidung was trifft der Qb erst kurz vor dem snap.

Spielzüge mit post-snap Entscheidungen:

Hier findet man die sogenannten movement based RPOs. Der Quarterback trifft die Entscheidung den Hand off durchzuziehen, oder zu passen, nachdem er bestimmte Schlüsselspieler und ihre Bewegungen „gelesen“ hat. Für jeden angedachten Spielzug gibt es einen vorher definierten Key-Player.

Wenn dieser Spieler sich einen Hauch in Richtung Run Verteidigung bewegt, wird geworfen. Welcher Spieler das ist und wie er sich bewegen muss liegt am gewählten Pass Play. Der Qb muss also seinen Spielzug perfekt kennen und die defensiven Reaktionen sehr, sehr schnell wahrnehmen. 

Anforderungen an den Qb:

Um erfolgreich RPO Spielzüge durchführen zu können braucht man, im Gegensatz zur Read Option, keinen „athletic freak“ als Qb. Die Passoptionen bei movement based RPOs sind ausserdem manchmal einfacher zu lesen, weil gerne Spielzüge hinterlegt sind, bei denen nur eine Seite des Feldes gelesen werden muss. Auf der anderen Seite muss der Qb blitzschnell im decision making sein und eine hohe accuracy bei schnellem Release liefern. Falls viel RPO für die Offensive angedacht war, könnte das durchaus der Grund sein, warum die Fins Tua im draft haben wollten. 

Herausforderungen für die O-Line:

Ein O-Liner darf bei Laufspielzügrn das gesamte Feld runter blocken. Bei einem Passspielzug wird es komplizierter. Da darf er, bevor ein Pass geworfen wurde, nur 3yds über die Line of scrimmage. 

Da in der RPO nicht bereits in der Huddle angesagt wird, ob ein Lauf oder ein Pass gespielt wird, sondern die Entscheidung erst beim Qb fällt, müssen O-Liner super aufmerksam sein. Der O-Liner muss in diesem Konzept immer ein halbes Auge für die Entwicklung des Spielzuges übrig haben. Gerade junge Liner scheitern hier gerne aus Mangel an Erfahrung. Und weil sie mental voll damit beschäftigt sind richtig zu blocken. Sicher auch ein Grund für eine Reihe von Penaltys und warum DolFans diese Saison öfter mal „illegal receiver downfield“ gehört haben. 

Helfen kann man ihnen, indem man den Ball geworfen hat, bevor sie mehr als 3 yds das Feld runter gestampft sind. Also mit einem Quick Release innerhalb von 2 bis maximal 3 Sekunden. Daher braucht man einen Qb mit Quick Release (s.o.). Und deshalb sind auch viele Spielzüge auf kurze Air Yards mit anschließenden Yards After Catch ausgelegt. Und genau dafür braucht man einen Qb mit guter accuracy, der seine Passempfänger so bedient, dass sie nicht stoppen müssen, sondern flüssig durchlaufen können (auch s.o.). Womit wir wieder bei Tua wären 😉

Was gehört noch zur RPO?

Eingangs habe ich gesagt, dass die Kernidee bei den RPO Spielzügen der innere Konflikt des Verteidigers ist („muss ich in Richtung Run oder in Richtung Pass verteidigen?“).

Um das auszureizen Setzt man die RPO gerne mit einer spread Offense auf. Also einer Formation, die das Feld horizontal von Seitenlinie bis Seitenlinie in der Aufstellung ausnutzt. 

Zusätzlich soll regelmäßig das Feld vertikal gestreckt werden.

Dieser Stretch vertikal und horizontal bringt die Verteidigung der zweiten und dritten Reihe (vor allem Safety und zentrale LB) richtig unter Stress. Denn die Wege werden weit und der Druck, die richtige Entscheidung zu treffen (Run oder Pass verteidigen???) wird so immens. 

Ein Indiz, dass Miami viel RPO in 2021 spielen wollte war, vielleicht neben dem draft von Tua, die FA Verpflichtung von Will Fuller. Der hätte konzeptionell sehr gut gepasst und sein Ausfall, für praktisch die ganze Saison, war ein großer Verlust für diese Art des Offensivspiels.

Nette Links:

Weil zur RPO schon viel (und wahrscheinlich besser und kompetenter) geschrieben wurde, gibt es hier für euch Futter:  

Ein Artikel von Adrian Franke. Schon etwas älter, aber hier ist sehr viel auf Deutsch und sehr gut erklärt. Ein Hinweis: Adrian spricht von der shotgun formation im Zusammenhang mit RPO. Die Fins nutzen tatsächlich eher die pistol formation als Ausgang. 

Shotgun: Qb steht ca 7 yds hinter dem Center. RB steht neben dem Qb.

Pistol: Qb steht ca 4 yds hinter dem Center. RB steht hinter dem Qb (und bewegt sich dann ggfs neben ihn)

https://amp.spox.com/de/sport/ussport/nfl/1709/Artikel/run-pass-option-erklaert-offense-trend-read-option-bengals.html

Falls jemand in die Videoanalyse mag:

Hier wird schön  gezeigt, wie dieses „RPO-Ding“ funktioniert und wo der Qb Entscheidungen treffen muss.

Tua and the RPua

Und hier gibt es einen guten Artikel von Todd Hartley, einem College Coach (u.a. TEs Georgia) der die unterschiedlichen Typen von RPO erklärt (leverage, numbers oder movement basiert) und sehr anschaulich in die Tiefe geht.

https://insider.afca.com/xs-os-run-pass-options-rpo-simplified/

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