Was macht die Konkurrenz in der AFC East Teil I – die New York Jets

„Know your enemy“ war vor einer Football-Saison in der Division der Dolphins selten so interessant wie dieses Jahr – und dies hat in erster Linie mit den Mannen aus New York zu tun. Während sich nämlich die Buffalo Bills als Divisions-Primus (dessen größte signings bislang wohl die WR Deonte Harty und Trent Sherfield waren) und auch die abflachende Dynastie der New England Patriots weniger über Zugänge (die sich zwar namhaft durch Reiff, Gesicki oder Smith-Schuster verändert haben – aber haben sie sich wirklich verbessert?) als über potentielle Abgänge unterhalten und diskutiert haben – wird Mac Jones getradet, wird er es nicht? Keiner weiß es so genau, aber ist eher unwahrscheinlich – gehen die New York Jets einen anderen und sicher den interessantesten Weg der gesamten NFL-Offseasons.

Wie weit geht der Weg von Douglas und Saleh noch?

Head Coach Robert Saleh (geht ins dritte Jahr seines 5-Jahres-Vertrags mit der franchise) und GM Joe Douglas (geht ins fünfte Jahr seines 6-Jahres-Vertrags) wollen mit den New Jork Jets die lange Phase des Miss-Erfolgs hinter sich lassen und sehen sich gezwungen, die Offense ganz neu aufzustellen. DAS ist absolut nachvollziehbar nach einer Saison, in der eine Elite-Defense (rund um Rookie Sauce Gardner, DT Quinnen Williams und viele andere) – wohl TOP 5 der Liga – von einer ziemlich schlechten Offense daran gehindert wurde, in die Playoffs einzuziehen. Die Kritik wurde vor allem an QB Zach Wilson, der Offensive Line und den Wide Receivern festgemacht, die außer Rookie-Passempfänger Garrett Wilson nicht mehr wirklich viele Waffen zu bieten hatte und zu den schlechtesten Offensiven der Liga gehörte. Zudem war die Gesundheit des eigentlichen Top-Receivers der Jets, Corey Davis, ein weiteres Problem. Die massivste Problematik befasste und befasst sich aber mit Zach Wilson. Er war nie in der Lage, seinen Draft-Status in eine offensive Produktion umzumünzen.

UPDATE DER STORY – DER HEILSBRINGER IST DA

Eine ending story – der „big splash“

Hier wollte man ansetzen, den bestmöglichen Spieler holen, hier hatte man die Fühler deutlich und lautstark nach dem mehrmaligen MVP Aaron Rodgers ausgestreckt und letzten Endes nun doch den QB der Green Bay Packers verpflichtet. Das Trade-Paket kann sich sehen lassen: statt an 13 picken die Jets zum Draft hin nun an 15. Von ihren zwei 2nd round picks in diesem Jahr geben sie den Besseren der beiden (#42) ab. Dafür bekommen sie aber Pick 170 aus der fünften Runde wieder retour, um im Gegenzug Pick 207 wieder nach Wisconsin zu schicken. Im nächsten Jahr geben sie zudem einen weiteren hohen Pick ab, der sich nach den Einsatz-Zeiten des 39-Jährigen richtet. Bis 64,9% der snaps wird es ein 2nd round pick sein, der sich ab 65% in eine Erstrunden-Auswahl erhöht. Ein stolzer value, aber sicherlich nicht allzu viel und durchaus für beide Seiten fair.

Keine Frage, die Offense und die gesamte Franchise der New York Jets werden einen erheblichen Schritt nach vorne machen. Aber: sie müssen jetzt wohl mit dem finanziellen Risiko des Rodgers-Vertrags und seiner „Entourage“ an weiteren Spielern ein Titel-Fenster aufstoßen. Das Ziel der Jets muss nach Saisons unter Saleh mit 4 und letztes Jahr 7 Siegen NUR der Titel sein. Eine Teilnahme am AFC Championship game ist da sicher schon fast zu wenig. Das Ziel der New Yorker franchise mit Rodgers muss Las Vegas 2024 heißen. Ob das Team aber schon so weit und in allen Bereichen gut aufgestellt ist, dies zu schaffen, ist – gerade in der AFC mit u.a. den Bengals, Bills, Chiefs (und hoffentlich auch den Dolphins) – sicher ein steiniger Weg. Derzeit stehen die Jets bei knapp 7 Mios unter dem cap space (Quelle ist overthecap.com. Allerdings ist der Vertrag des ebenfalls gestern verpflichteten Connor McGovern noch nicht mit eingepreist).

Die Cap-Hölle schlägt – Dank Rodgers – ohnehin spätestens 2025 zu. Davor MUSS sich der Erfolg bei den Jets eingestellt haben. Denn es íst nicht davon auszugehen, dass sich die Jets einen QB leisten, der mit seinem neuen Vertrag nach den zwei moderaten Jahren dann mit knapp 51 Millionen gegen den Cap zählt – und der dann 42 Jahre alt würde. So haben die Grünen einen, maximal zwei, shots auf den großen Wurf – um danach dann wieder neu zu beginnen.

Die Liste wird abgearbeitet – so es sie überhaupt gibt

In der bisherigen Offseason tut Joe Douglas zumindest vieles dafür, Aaron Rodgers ein Team zusammenzustellen, dass nach seinem Gusto mit vielen alten Weggefährten gespickt ist. Nathaniel Hackett, neuer OC der Jets und einige Jahre lang mit dem QB zusammen bei den Packers, ist da ein erster großer Baustein – allerdings bei Weitem nicht der Einzige. QB Tim Boyle (wohl als Nummer drei eingeplant) war ebenfalls unter Hackett gemeinsam mit AR in Green Bay. Gleiches gilt für WR Allen Lazard, der bei den Jets für 4 Jahre 44 Mios bekommt. Durch ein fünftes (void) Jahr wird das Ganze finanziell erträglich. Ein weiterer Pass-Empfänger ist Mecole Hardman, der von den Kansas City Chiefs nach NY wechselt und für ein Jahr unterschrieben hat (das zweite Jahr ist voided, um eine geringen Cap zu generieren). Allerdings bringt auch der Return-Spezialist eine nicht unwesentliche Kranken-Akte mit. Center Wes Schweitzer soll die O-Line verstärken und Safety Chuck Clark die Defense auch in der Tiefe deutlich besser machen. Ansonsten wurden einige Verträge restrukturiert und re-signings getätigt, um Cap space für den „Meister“ zu schaffen. Dieser Weg des „All-in“ ist allerdings noch nicht zu Ende, so dass die Vakanz in der WR-Tiefe bestehen bleibt.

Wir reden hier von einer Offense neben dem Green-Bay QB von 1100 Yards-Receiver Garrett Wilson (geht ins zweite Jahr), Allen Lazard (knapp 800 Yards letztes Jahr), Mecole Hardman (2021 mit knapp 700 Yards), WR Corey Davis und TE Tyler Conklin (jeweils knapp 550 Yards; Conklin in 17, Davis in 13 Spielen). Klar, Corey Davis wird man bei einer Verpflichtung eines weiteren Pass-Empfängers wohl +/- cutten können (man spart knapp 10 Mios. Ein neuer qualitativ hochwertiger WR wird aber nicht viel weniger Gehalt haben wollen – und ist auch nicht wirklich erreichbar). Auf den ersten Blick eine sehr gefährliche und schlagkräftige Offense – die aber nur dann funktioniert, wenn der Offensive Rookie of the Year, der SB-Sieger Hardman, der WR1 und Rodgers-Buddy Lazard sowie die TEs und RBs akzeptieren können, sich snaps bzw. targets in einer kleinen rotation zu teilen.

Eine funktionierende Top-Offense haben sie mit Rodgers nicht automatisch. Die O-Line ist mit Duane Brown (wird 39), Laken Tomlinsson, Alijah Verah-Tucker an drei Stellen sehr gut aufgestellt. Wes Schweitzer ist immerhin ein solider Vertreter seiner Zunft. Gleiches gilt auch für Connor McGovern auf Center. Nix Dolles, aber sehr solide. Aber das reicht nicht. Colon-Castillo, Pankey (ja, der Adam Pankey) – die willst du Rodgers nicht protecten lassen. Mekhi Becton? Kannst du nicht drauf zählen, hat in den letzten Jahren 15 Spiele gemacht – aber knapp 35 verpasst. Da MUSS also noch was kommen, mindestens 1-2 solide Spieler (Draft?) sollten es dann schon sein. Denn das ist die große Baustelle – Dolphins-Fans werden das kennen.

Du KANNST mit drei guten O-Linern in die Saison gehen. Ist aber ziemlich riskant. Du kannst dir mit Aaron Rodgers einen extrovertierten Star an die Seite holen – nur muss das im locker room auch klappen. Was passiert denn, wenn einer der bisherigen „Platzhengste“ von Rodgers aus seiner Sicht zu wenige Pässe oder targets bekommt, weil er den OROTY Garrett Wilson oder seinen alten Buddy Lazard bedienen will?

Es bleibt sicher weiter spannend. Vor allem, wer (für wie viel) jetzt die Stelle einnehmen soll, die Odell Beckham zugedacht war. Der 33-jährige Randall Cobb wäre eine naheliegende Option, dessen beste Zeiten sind aber lange vorbei. Das gilt auch für Kenny Golladay (Ex-Giants.) oder Julio Jones. Eine Rückkehr von Chosen (ehemals Robby) Anderson haben die Fins verhindert, so dass außer einem Trade nur der Griff in die nicht so starke WR-Klasse von 2023 bleibt – die eigentlich der O-Line gelten soll. Aufgrund der schwachen WR-FA- und Draft-Klasse stehen sicherlich jetzt Jerry Jeudy (latente Trade-Gerüchte von den Denver Broncos halten sich) oder DeAndre Hopkins (teurer Contract, aber den hätte OBJ auch gehabt) hoch im Kurs. Natürlich könnten sie auch Ced Wilson haben. Das Problem daran ist nur, dass die Jets nach dem Rodgers-Trade nun kaum noch Value (und erst recht keinen cap space) zur Verfügung haben, um hier zu operieren. Sie suchen einen O-Liner, ein DT soll es noch sein, dann am Besten noch ein neuer Wide Receiver – ich befürchte fast, dass die Jets mit fünf Draft picks hier werden einige Fragen unbeantwortet lassen müssen.

DIE DRAFT-STRATEGIE – MÜSSEN DIE JETS ABSTRICHE MACHEN?

Der Pick swap der Jets von 13 auf 15 ist gefährlich, wenn es um das primäre need der O-Line geht. Dem Vernehmen nach (s. der O-Line-Artikel hierzu) gibt es vier sehr starke OTs. Geht man davon aus, dass die zumindest durch Chicago (an 9), die Titans (an 11), Green Bay (an 13) sowie die Patriots (an 14) gepickt werden könnten, bliebe keiner mehr für die protection des „Investments“ Rodgers übrig. Selbst wenn eine der vier Teams keinen OT nehmen sollte – jede Franchise kennt den need der Jets und wird, um einen der Vier abzubekommen, versuchen vor die Jets zu kommen. Houston (an 12) ist da sicherlich ein geeigneter spot – auch die Packers selber könnte ich mir mit einem weiteren Downtrade vorstellen. Wäre ein zusätzlich hoher Preis, wenn weder Peter Skoronski, Paris Johnson Jr., Broderick Jones noch Darnell Wright für die Jets erreichbar wären. Nimmt man dann den besten WR (Smith-Njigba – wenn noch da) oder geht auf die defensive Seite – beides wäre für Rodgers und die Jets nicht optimal. Eine selbst gewählte Zwickmühle und mal sehen, was sie machen werden…

Nach dem Deal mit den Packers stehen die Jets nun mit fünf Picks da – haben aber fast eben so viele Needs, die sie bedienen möchten. Es bleibt spannend.

FAZIT DER JETS

Natürlich sind die Jets nun ein heißer Anwärter auf Playoffs und werden dort auch eine Rolle spielen können. ABER: ich sehe das roster nicht auf dem Niveau, ein ernsthafter Anwärter auf den SB zu sein. Zu schwer wiegen meiner Meinung nach die Lücken, die sich in der O-Line und im Receiving corps auftun. Das werden die Jets nicht in erster Linie durch den Draft geregelt bekommen, sie werden es trotzdem adressieren müssen. Zu wacklig ist sonst die Protection ihres neuen Stars und die Jagd nach den hohen Weihen der NFL könnte schneller vorbei sein als es den „Grünlingen“ lieb sein mag. Machen wir uns aber nichts vor: das Ding kann auch durch die Decke gehen und die Jets stehen im Februar als AFC-Vertreter in Vegas im Finale. Ich glaube es zwar nicht, aber zumindest haben Joe Douglas und Robert Saleh ihre Jobs an den größtmöglichen (Rettungs-) Anker gehängt, den die NFL verfügbar hatte. Ob das letzten Endes reichen wird – die Dolphins werden einen guten Teil davon schon in der AFC East erleben (dürfen?).

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