Gleich zu Beginn ein richtungsweisendes Spiel: was für ein Auftakt erwartet die Dolphins in Indianapolis?

WAS: NFL 2025 WEEK 1 – MIAMI DOLPHINS @ INDIANAPOLIS COLTS

WANN UND WO: Sonntag, 07.09.2025, 19 Uhr deutscher Zeit, Lucas Oil Stadium, Indianapolis/IN

WO UND WIE ZU SEHEN: Im Rahmen des NFL Game Pass, Original oder deutscher Kommentar

Die Football-freie Zeit hat ein Ende, am Sonntag geht es wieder los und die lange Wartezeit hat ein Ende. Die Miami Dolphins starten in die 60. Saison (1966-1969 AFL, ab 1970 NFL) der Franchise-Geschichte. Selten zuvor bestand jedoch die Ausgangslage aus so viel Ungewissheit und Fragezeichen. Die season predictions reichen von 5 Siegen (USA today, NFL.com) bis zu acht wins (The Athletic, ESPN) – und das obwohl Miami einen eher leichteren Spielplan vor der Brust hat. Auf Platz 21 des strength of schedule kommen die 14 Gegner daher (Jets, Patriots und Bills logischerweise mit zwei Partien), 2024 erreichten die Teams ein win percentage von 47,4 Prozent. Zum Vergleich: die Gegner der Giants haben 57,4%, die der 49ers gar nur 41,5%. ABER: die Bills (76,5%), die Ravens/Commanders (je 70,6%) nehmen mit 12 respektive 13 Siegen in der letzten Saison schon einen Großteil weg. Panthers (5 Siege 2024), Saints (ebenfalls 5), Jets (5), Patriots (4), Browns (3) – alle haben hier wesentlich weniger geleistet in der vergangenen Spielzeit. Bis auf die Herren aus Boston haben die anderen Gegner sich auch nicht wirklich namhaft verstärkt.

Das gilt im Wesentlichen auch für den ersten Gegner am Sonntag, die Indianapolis Colts. Es sei denn, man möchte QB (auch am Sonntag beginnend) Daniel Jones als deutliches Upgrade zu Anthony Richardson sehen. Das QBR von 2024 sieht das bedingt so. Dort steht Jones – da noch bei den Giants in zehn Spielen auf dem Platz – in der ESPN-Statistik des QBR auf Platz 26, Richardson auf 27. Nichts wirklich Erschreckendes. Ein Mal in der NFL-Karriere kam der ehemalige 6th overall pick auf ein QBR von über 60, das war 2022. Eine recht überschaubare completion percentage (63,3%) komplettiert das Bild, welches den Ballverteiler des Gasts am Sonntag, Fins-QB Tua Tagovailoa, klar im Vorteil sieht.

Der Hawaiianer fehlte im letzten Duell der beiden Mannschaften aus der vergangenen Saison – nicht wenige Experten gehen aber davon aus, dass die Dolphins mit ihm nicht in eine Niederlage hätten einwilligen müssen. Im Matchup von Sonntag zeigt ein Blick in die Historie des Aufeinandertreffens, dass die Statistik zum Teil klar für das Team von HC Mike McDaniel spricht. Elf (!) Niederlagen zum season opener in Folge mit acht verschiedenen starting QBs lassen die Colts als Underdog daher kommen. Historisch führt Miami darüber hinaus 48:20, von den letzten fünf Auftritten in Indiana konnten die Mannen in Aqua zumindest zwei für sich entscheiden. Eins zeigt der Blick aber sehr deutlich: die Spiele waren in der Regel knapp, Kleinigkeiten machten den Unterschied aus. Das wird sich auch an diesem Wochenende tendenziell nicht ändern.

Unter Coach Mike McDaniel haben die Miami Dolphins zudem noch keine Saison mit einer Niederlage begonnen, stehen bei vier Siegen in Folge zum Start in eine NFL-Serie. Warum sich dies auch im Lucas Oil nicht ändern wird, zeigt eine Betrachtung der Vergleiche der einzelnen Mannschafts-Teile doch recht eindrucksvoll auf.

Dolphins-Offense vs. Defense der Colts: „Tua time“ und ein Wiedersehen mit der alten Liebe (?)

Sicher, das Team von Shane Steichen kommt defensiv mit den ehemaligen 1st roundern Rookie Laiatu Latu (2024), Kwity Paye (2021) und DeForest Buckner (2016) ziemlich prominent daher. Gerade die Secondary ist aber einen besonderen Blick wert, denn es deutet sich das Aufeinandertreffen mit dem ehemaligen Star-Cornerback aus Miami, Xavien „X“ Howard an. Das der aber drei Wochen nach seinem signing und fast zwei Jahre nach seinem letzten NFL-Spiel mit seinen 32 Lenzen neben Charvarius Ward starten könnte, sagt schon einiges aus. Die Safeties (bei ESPN an 19 rangierend) und Cornerbacks (11.) kommen doch eher durchschnittlich daher. Ein Matchup mit einem injury prone player ohne Spielpraxis sollte – zumindest in der Theorie – ein offensiver Schlüssel sein. Auf der anderen Seite des Balls wartet schließlich keine Laufkundschaft (oder vielleicht gerade diese). Tyreek Hill und Jaylen Waddle haben auf jeden Fall das skill set für jeweils 1000+ Yards – Waddle hat diese in 3 von 4 seasons und Tyreek Hill in zwei Dritteln seiner neun NFL-Spielzeiten erreicht. Das muss letzten Endes auch der Anspruch des 31-Jährigen sein. Nach seinen Umtrieben in der Offseason und seiner Taten und Aussagen während und nach dem letzten Spiel 2024 hat er ohnehin etwas zu beweisen. Seine stats im letzten Aufeinandertreffen mit den Colts (2 targets, 1 Catch für acht Yards) werden sich kaum wiederholen. „Cheetah“ wird die Reaktion dementsprechend zeigen (wollen und müssen). Man sollte hier – gerade in einem direkten Duell mit Howard – einiges erwarten können, wenn der QB nicht Tyler Huntley heißt. Das key matchup „X“ gegen den WR room der Dolphins (mit Nick Westbrook-Ikhine und Malik Washington mit zwei weiteren Top targets besetzt) wird Tua sicherlich zu Beginn das ein oder andere Mal testen wollen.

Testen werden die Miami Dolphins auch die gegnerische Laufverteidigung. Der zuletzt verletzte Top-RB Devon Achane trainiert wieder mit, Rookie Ollie Gordon kommt aus einer starken Preseason und Rückkehrer Jeff Wilson werden die Nummer 24 der 2024er rushing defense (über 130 Yards im Schnitt) auch ohne den verletzten Jaylen Wright zu überrrennen versuchen. Denn hier trifft eine potentielle Stärke auf klare Schwäche, es werden Akzente gesetzt werden können. Zumindest sollte dies die Taktik und der Schlüssel zum Sieg sein.

Unterstützt werden soll das Ganze durch die beiden vermeintlichen offensiven „Problem-Positionen“ O-Line und Tight End. ABER: sind dies überhaupt Faktoren, die ins Gewicht fallen werden? Ein Darren Waller trainiert derzeit nicht, Julian Hill und Tanner Connor sind nicht wirklich gut. Müssen sie aber auch gar nicht sein. Die Nachfolge eines Jonnu Smith (in der letzten Partie 7/7 für 96 Yards, 1 TD) soll der aus dem retirement geholte Ex-Giant gar nicht bringen (müssen) – dafür haben die Fins ihre Star-Receiver. Wenn die TE unit die letztjährigen Zahlen von Hill und Waddle (vier! Targets in 2024 gegen die Colts, Catches für 19 Yards) erreichen, sollte es trotzdem ausreichen. Der Ex-Rapper ist schließlich nicht Top-Ziel, sondern dürfte maximal target Nummer sechs oder sieben sein. Mehr ist im offensiven scheme für 2025 wahrscheinlich auch nicht vorgesehen. Die Hauptlast und Bringschuld im Passing game haben andere. Wäre die Offense auf die Receiving- (und blocking-) Fähigkeiten eines Julian Hill angewiesen, ich würde die Pessimisten unterstützen. Nichtsdestotrotz steht der „Julian Hill TD – Tequila“ weiterhin kalt. Hill als Jonnu Smith-Ersatz. Das ist aber nicht der Fall, J.Hill dürfte hinter Tyreek, Waddle, Malik Washington, Nick Westbrook und den beiden RBs wahrscheinlich nur Option Nummer sieben sein. Die schon Jahre lang mit QB Tagovailoa zusammenspielen und aufeinander abgestimmt sind. Die McDaniels System verinnerlicht haben (auch wenn Tyreek Hill etwas anderes sagte…)

Andere Spieler bietet auch das Lineup der Offensive Line bei den Miami Dolphins. Die bestand 2024 noch aus Robert Jones (weg), Liam Eichenberg (verletzt), Terron Armstead (retirement) sowie Austin Jackson und Aaron Brewer. Diese beiden werden am Sonntag starten. Daneben besitzt Miami aber in Veteran James Daniels und Rookie Jonah Savaiinaea ein anderes Gesicht. Anzunehmen, dass diese Guard-Garde schlechter performt als Jones (98. Guard nach PFF 2024) und Eichenberg (Position 106), ist schwer denkbar. Der schnelle release von franchise-QB Tua T. – gerade auch im Vergleich zum letzten Aufeinandertreffen – sollte den Druck vom Alabama-Absolventen angemessen fernhalten. Die 149 passing Yards sollte er so auf jeden Fall easy übertreffen können. Davon mal ganz abgesehen, dass Miami in Larry Borom und Kendall Lamm noch zwei Veteranen für die Tackle-Tiefe wird aufbieten können, falls Austin Jackson, Patrick Paul (im pass block 2024 schon solide) oder Aaron Brewer (stark im run blocking 2024) Probleme bekommen könnte. Das ist so in Miami auch neu.

Wenn Stärke auf Stärke trifft plus die Achilles-Ferse bei den Fins

Nicht neu ist das Lineup der Defense Front seven. Bradley Chubb, Chop Robinson, Jaelan Phillips auf LB/Edge, Zach Sieler, Benito Jones auf DT, Jordyn Brooks und Tyrel Dodson als „klassische“ Linebacker – alle 2024 schon im roster. Neu ist die Stärke auch in der zweiten Reihe. Mit Kenneth Grant ein veritabler 1st round-Rookie auf DT, ein erfahrener starker Veteran mit Matthew Judon auf Edge, mit K.J.Britt und Willie Gay Jr. zwei weitere Veteranen als BU-Linebacker – das kann sich alles sehen lassen. Sie alle werden dafür sorgen, dass „Danny Dimes“ ordentlich unter Druck geraten könnte. Der steht zwar auf dem Papier hinter einer starken Offensive Line. Die hat aber im Vergleich zum letzten Jahr Will Fries und Ryan Kelly wichtige Grundpfeiler verloren. Klar, Quenton Nelson ist auch weiterhin einer der besten Guards der Liga. Bernhard Raimann zählt zu den Top 10/Top 12-Tackles der NFL. Aber dann? Braden Smith (nach PFF 52. seiner Position), Matt Goncalves (51.) besitzt deutliche Schwächen im Pass block, Tanor Bortolini als neuer Center (22. dort) ebenso. Wenn also die Planungen von DC Anthony Weaver in die Tat umgesetzt werden können, sollte Daniel Jones durch die Luft erheblich eingeschränkt sein. In jedem passing down mindestens zwei dieser Elite pass rusher gegen eine neu formierte protection schicken, den ein oder anderen Blitz mit einstreuen und den Druck hochhalten; so könnte man verhindern, dass Indy sonderlich viel Zeit bekommt, das Pass-Spiel zu installieren.

Das wäre gegen die Colts auch wichtig, die mit Michael Pitman Jr., Josh Downs und TE Tyler Warren (Rookie, Ex Penn State und dort mit 1200+ Yards Receiving, 14th overall im 2025er Draft) drei ziemlich veritable targets zu bieten haben. Die Schwäche gegen die gegnerischen TEs hat man in der Offseason zu adressieren versucht. Hier wird die komplett neu formierte Secondary der Dolphins auf eine harte Probe gestellt werden. Das mag nicht für Minkah Fitzpatrick, dem neuen Star-Safety, gelten. Ashtyn Davis ist wieder fit, ein Start wäre möglich. Aber gleich, ob er oder Ifeatu Melifonwu neben Minkah stehen werden, hier sind die Dolphins ziemlich gut aufgestellt. Nicht mal der neue CB1, Rasul Douglas, ist mit einer in den letzten Jahren durchschnittlichen Leistung – er kommt aus einem down year 2024, hat aber die potentielle Stärke – wäre die große Sorge. Die besteht, da sollte man ehrlich sein, defensiv nur auf der Position des zweiten CB. Ganz gleich, ob Jack Jones oder Storm Duck diese Position bekleidet – gegen Josh Downs (seit seinem Draft zwei knapp 800 Yards-Saisons) ist das Matchup klar pro Indianapolis. Das werden sie versuchen auszutesten. Key Matchup der Defense also das Duell CB2 vs. WR2? Leider nein…

Der Schlüssel des Spiels am Sonntag betrifft in erster Linie, die Umtriebe von RB Jonathan Taylor einzugrenzen. Letztes Jahr besaßen die Dolphins eine Top 10 rushing defense. Der Absolvent von Wisconsin allerdings kommt aus einer 1.400 Yards-Saison. Der laut HC Shane Steichen integrale Bestandteil der Offense von Indianapolis bekam im letzten Jahr umgerechnet 22-23 snaps und erreichte 4.7 Yards pro rush. Allerdings: in den letzten 33 Spielen erreichte es die Miami-Defense, jeden Halfback unter 100 Yards zu halten. DAS ist der key to win: das Spiel in die Hände von Daniel Jones zu legen, Jonathan Taylor zu limitieren und so die Wirkweise der gegnerischen Offense einzuschränken. Hier wird sich entscheiden, wer im Spiel von Sonntag wahrscheinlich als Sieger vom Platz gehen könnte. Es wird – so oder so – einen ersten Hinweis darauf geben, ob die Saison der Miami Dolphins in Richtung der Playoffs gehen kann oder nicht. Taylor oder Achane, Pittman oder Waddle, Downs oder Hill – ein Shootout, wenn aufgrund der Historie und der „Qualität“ der QBs der Colts doch eher unwahrscheinlich – dürfte ein spannendes Szenario werden.

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2 Antworten

  1. C.K. sagt:

    Ein wirklich richtungsweisendes Spiel.

    In beiden Mannschaftsteilen ist man derzeit anscheinend nicht konkurrenzfähig. Sicherlich können Spielverläufe auch einmal sehr unglücklich sein (Interception, Fumble). Was einen aber auf jeden Fall zu denken geben sollte ist, dass jeder Angriff der Colts fast schon zu einfach zu Punkten führte.

    Die Coaches fanden während des gesamten Spiels keine Antwort auf die Spielzüge des Gegners. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass wir sicherlich nicht gegen die Creme de la Creme der NFL gespielt haben wird einen bereits Angst und Bange, wenn die großen Kaliber gegen uns auflaufen. Sicherlich war jeden bewusst, dass wir in der Secondary nicht optimal besetzt sind. Allerdings war es insbesondere in diesem Mannschaftsteil nicht NFL würdig. Ein kleiner Lichtblick war einzig und allein das Special Team. Das aufgrund des Spielverlaufs häufiger auf dem Platz stand. Die jetzt laufende Woche wird interessant zu verfolgen sein, ob wir bereits in einem Zerfleischungs-Modus kommen oder die Mannschaft tatsächlich mit den Coaches versucht den weiteren Saisonverlauf noch einmal in einer positive Richtung zu verändern.
    Trainer, Manager hängen am seidenen Faden.

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