WAS: NFL Week 18, Miami Dolphins (8-8) @ New York Jets (4-12)
WANN UND WO: Sonntag, 05.01.2025, 22:25 Uhr deutscher Zeit, MetLife stadium, East Rutherford/NJ
WO UND WIE ZU SEHEN: Im Rahmen des Game Pass auf DAZN sowie als Einzelspiel mit Andreas Renner
Das Ende der 2024/2025er regular season der NFL steht an und was vor ein paar Wochen noch recht unwahrscheinlich war, ist tatsächlich eingetreten: die Miami Dolphins haben immer noch eine Chance auf die Playoffs, wenn sie am Sonntag Abend zum AFC East-Duell bei den ungeliebten Rivalen in New Jersey, den New York Jets, antreten. Die Ausgangslage für beide Teams ist dabei recht klar: während es für die „grünen Crash-Flugzeuge“ nur noch um die Draft-Position geht (sie stehen derzeit an siebter Stelle der draft order – allerdings sind die Teams von Platz 5-9 allesamt mit 4-12 unterwegs), stehen „unsere“ Dolphins mit 8-8 an der Schwelle zwischen positivem und negativem record sowie werden mit einem Auge nach Denver blicken. Sollten die Broncos in ihrem Duell mit der weitgehend zweiten Garde des designierten Primus der AFC, den Kansas City Chiefs, eine Niederlage einstecken müssen, wird ein Auswärtssieg Miamis dafür sorgen, dass auch in diesem Jahr die erste Playoff-Runde in Orchard Park mit der Beteiligung der Franchise aus Florida vonstatten gehen wird (Buffalo hat als Zweiter Heimrecht; es kann gegen Denver, Miami oder – sollten beide verlieren und Joe Burrow sein Team zum Sieg führen – die Bengals gehen). Das wird Cincy aber wissen, wenn sie Sonntag Nacht den Platz betreten. Denn – im Gegensatz zu Denver und Miami – dieses Spiel wurde von der NFL nicht parallel gelegt. So weit die kurzfristige Ausgangs-Lage.
I. Die lange Historie der Begegnungen mit der anderen New Yorker Franchise
Mit dem Rivalen aus der Division kreuzt man ja bereits schon lange die Klingen (noch nicht die Lichtschwerter :-P) und so bietet ein Blick in die Vergangenheit alleine schon reichlich Geschichten und Zündstoff. In beinahe 120 Duellen haben die Dolphins 61-56 die Nase vorne und wenn man die Duelle in New York/New Jersey (das Stadion liegt ja in einem anderen Bundesstaat der USA, nicht im New Yorker Stadtgebiet) seit 2008 betrachtet, spricht die Statistik auch hier für die Truppe von Mike McDaniel. In diesem Zeitraum stehen 11 Auswärts-Erfolge gerade einmal 5 Heimsiegen gegenüber – darunter die letzte Partie, welche die Dolphins Mitte November letzten Jahres mit 34-13 doch recht deutlich zu ihren Gunsten entscheiden konnten. Damals führten Tim Boyle auf Heimseite und bei den Gästen Tua Tagovailoa ihre Mannschaften aufs Feld – dies wird zum Ende der Saison auf beiden Seiten höchstwahrscheinlich bis sicher nicht der Fall sein.
II. Der Elefant im Raum – wer spielt auf beiden Seiten (Quarterback)?
Auf Seiten des Teams von Interims-Headcoach Jeff Ulbrich wird auf keinen Fall der zwischenzeitlich bei den Dolphins gewesene Boyle starten. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass Ex-MVP-Spielführer Aaron Rodgers die Jets anführen wird. Dessen Zukunft erscheint nicht zuletzt seit seinem „Gala-Auftritt“ in der letzten Woche gegen die Buffalo Bills sehr fraglich; eine Aussage darüber, ob er sein letztes Karriere-Spiel am Sonntag bestreiten wird oder bereits bestritten hat, gibt es zumindest von seiner Seite aus nicht. 12/18 für 112 Yards, 2 Interceptions, 4 sacks und ein 44er passer rating, aber 0 Punkte auf dem Board und Feierabend nach drei Vierteln – es war wahrlich keine Bewerbung des inzwischen 41-Jährigen, eine über diesen Sonntag hinausgehende Zukunft bei einer franchise zu haben, die sowohl auf der HC- als auch der GM-Position mal wieder umplanen und neues Personal verpflichten wird. Rebuild Nummer 2346 (gefühlt) incoming. Daher bleibt es auch spannend, ob Jeff Ulbrich in seinem letzten Spiel auf das „Stammpersonal“ setzen oder Spieler aus der zweiten Reihe ausprobieren wird (müssen/wollen?). Sauce Gardner, Vera-Tucker, Moses, Conklin, Quinnen Williams – alle haben am Mittwoch nicht „trainiert“. Es handelte sich aber um ein sog. „walkthrough“ – es bleibt demnach abzuwarten, welcher dieser Akteure tatsächlich im Laufe der Woche wieder ins Training einsteigen könnte oder eben nicht.
Bei den Miami Dolphins sieht die personelle Situation aber nicht weniger schlecht aus. Starting QB Tua Tagovailoa trainiert aufgrund seiner Hüft-Verletzung zwar wieder einigermaßen mit, es wird aber von allen Experten mit einem weiteren Start von Tyler Huntley gerechnet. Bradley Chubb spielt zumindest in der regular season nicht mehr, was auch für OT Kendall Lamm gilt. Der wurde zu Beginn der Woche auf IR gesetzt und wird ebenfalls nicht mehr auf dem Feld stehen können. Terron Armstead (Knie), Jordan Poyer (Finger) und Anthony Walker Jr. (ebenfalls Knie, verpasste deswegen schon das Spiel in Cleveland) haben nicht trainieren können. Ihr Einsatz ist zumindest höchst fraglich. Für Armstead könnte das Spiel bei den Browns, welches er im Laufe des zweiten Viertels verlassen musste, bereits das letzte im Jersey der Dolphins gewesen sein. Darüber hinaus wird es ohnehin für einige aus der franchise das letzte (regular season) Spiel sein – die Offseason wird nicht langweilig werden. Bei GM Chris Grier (Gerüchte über seine Demission kursieren bereits seit Längerem), ST Coach Danny Crossman (rechnet wahrscheinlich selber mit seiner Entlassung) sowie insgesamt 25 Spielern (Quelle: Spotrac FAs) steht eine mögliche Zukunft im Süden Floridas nach Sonntag in den Sternen. Zudem kommt der berüchtigte „black monday“ am 06.02., an dem einige HCs der NFL ihren Stuhl werden räumen müssen. Für mich wäre es eine Überraschung, sollte Mike McDaniel zu dieser Gruppe gehören – aber sicher sein kann er sich vermeintlich nicht.
III. Die Defense der Dolphins gegen die Offensive in Grün
Was man aber sicher sagen kann: LB Tyrel Dodson zeigte seinen potentiellen Wert für Miamis Defensive in der letzten Woche eindrucksvoll auf. Er ließ die Verletzung von Anthony Walker Jr. vergessen und bildete gemeinsam mit seinem LB-Kollegen Jordyn Brooks ein Dou, welches man sich auch über die Saison hinaus vorstellen möchte – Dodson wird Free Agent und sollte aus meiner Sicht ein Angebot erhalten. 15 Tackles, jeweils einen Pass deflected und intercepted, eine auch über die Zeitspanne hinaus bemerkenswerte pass Coverage (bei 16 targets in sieben Spielen gerade mal 100 Yards und keinen TD zugelassen) mit 53er rating der ihm gegenüberstehenden QBs – das sah schon nicht so schlecht aus. Geht man davon aus, dass auch im MetLife Brooks und Dodson auf LB starten werden, sind die Dolphins hier gut aufgestellt. Über Zach Sieler (ihm fehlen für „double digits“ noch 1,5 sacks), Chop Robinson (in den Top 5 der pressure rate, in den letzten 9 Wochen 6 sacks gesammelt) und allgemein die defensive Front muss man nicht groß reden. Dritter in total Yards allowed (unter 5.000 Yards für die Saison), 9. gegen den Lauf (knapp 103 Yards/Spiel) und gegen den Pass (knapp 208 Yards/Spiel) – die „Probleme“ in der Defensive der Dolphins sind eher weiter hinten zu suchen. Jordan Poyer merkt man das Alter an. 10 missed tackles (gefühlt sind es wesentlich mehr), knapp 400 Yards kassiert, OPR von über 107 – das sind alles Werte, die nicht wirklich gut sind. Das ließe sich ja kompensieren – wenn nicht sein Kollege auf der Safety-Position eine „contract season“ spielen würde. Jevon Holland aber tut das nicht. PFF-Grade von 60, über 300 Yards kassiert, keine defensiven big plays nach Woche eins – wäre ich Jets-OC Nathaniel Hackett, ich würde über die beiden Safeties der Fins spielen.
In der Secondary sind es darüber hinaus aber auch die Cornerbacks der Dolphins, die an der ein oder anderen Stelle nicht gut aussehen. Storm Duck, Kendall Fuller, Cam Smith – wer immer neben Jalen Ramsey (spielt eine gute Runde, aber auch nicht herausragend) aufgestellt wird, hat es nicht so leicht. Von dieser Kritik ausnehmen möchte ich „Darth Kader“ Kohou. Unsere #4 wirkt auf Außen zwar an der ein oder anderen Stelle überfordert; generell kann er mit einem OPR von 78, 401 Yards und zwei TDs allowed bei 43 von 67 Catches in seine Richtung aber zufrieden sein. Um gegen vermeintlich Aaron Rodgers zu bestehen, brauchen wir aber eine konstante Leistung von mehr als zwei Spielern (Ramsey, Kohou) der Secondary.
Denn zumindest in der Theorie steht auf der anderen Seite ein QB, der den Fins im Hinspiel 339 Yards und ein dreistelliges passer rating eingeschenkt hat. Er führt Pass-Empfänger mit sich, die 1053 Yards (Garrett Wilson) bzw. 975 Yards (Devante Adams, 766 davon in grün) als Referenz vorzuweisen haben. Darüber hinaus mit Alan Lazard eine Nummer drei, die an guten Tagen auch eine Defense vor Probleme stellen kann. Mit 5 TDs in der Saison hat er schon seine Qualitäten. Da muss von der Secondary der Dolphins schon eine geschlossen gute Leistung kommen, selbst wenn eines der Top 5 targets der Jets, TE Tyler Conklin, ausfallen sollte. Ein natürlich nicht zu unterschätzender Aspekt: die O-Line der New Yorker droht wesentliche Teile in Simpson, Moses und Vera-Tucker zu verlieren. Da Tyron Smith und Ola Fashanu auf der IR-Liste stehen, würde Rookie-Center Joe Tippman (Top 10-Center nach PFF) lediglich Max Mitchell auf LT bleiben, der bisher 160 snaps eher solide gespielt hat. Eine deutliche Schäwchung der Protection, die bereits 37 sacks (2 pro Spiel) und gegen die Bills einen vier mal für Raum-Verlust zu Boden gebrachten 41-Jährigen zugelassen hat. Hier sollte ein konstanter Druck (auch durch Blitz-Pakete) der Defense von Anthony Weaver erzeugt werden können, um dem kommenden Hall of Famer seinen Abschied von der Bühne NFL so ungemütlich wie möglich zu machen. Nicht, dass der QB der Jets noch mal zur Hochform aufläuft und ein echtes Problem darstellt.
Weniger Sorgen muss man sich über das Laufspiel der Jets machen, weil hier eine dominante Defense sich Breece Hall in den Weg stellen wird. Bei dem habe ich immer den Eindruck, dass er mehr könnte, als er bei seinem jetzigen Arbeitgeber zeigen kann/darf. 1287 Yards scrimmage (819 rushing, 486 passing) und sieben TDs zeugen davon, dass der 23-jährige RB eine echte Gefahr sein kann. Von Braelon Allen oder Isaiah Davis wurde er dabei nur mäßig unterstützt; die Hauptlast des workload trägt schon Breece Hall. Wer aber in den Stats 31. nach rushing Yards ist, der kann dies nicht als seine Stärke verkaufen. Hier sollten Miamis Verteidiger gute Argumente finden, dies einbremsen zu können – so dass es wieder an Rodgers hängen dürfte. Den „alten Baum“ dürfte die Defense ruhig das ein oder andere Mal „fällen“ können.
IV. Nach dem „Career game“ in Cleveland – kann Tyler Huntley auch ein zweites Mal liefern?
Über der Offense der Miami Dolphins hängt das Damokles-Schwert des weiteren Verzichts auf starting Quarterback Tua Tagovailoa. So lässt sich (eigentlich) der Bericht an dieser Stelle kurz halten – hätte es die letzte Woche nicht gegeben. Die nach Yards fünftbeste Defense der NFL (5. gegen den Pass, 15. gegen den Lauf) mit insgesamt 39 sacks, verteilt im Wesentlichen auf DE Will McDonald (10), Quinnen Williams (6), Micheal Clemons (4.5) Javon Kinlaw und Solomon Thomas (je 3.5) wird ordentlich Druck entwickeln und gegen eine struggelnde O-Line Miamis (deren Probleme vor allem im run blocking und in der IOL beheimatet sind) „Snoop“ dazu zwingen, mobil zu sein und das Spiel an sich ziehen zu müssen. Sauce Gardner (wenn er denn spielt), D.J. Reed, Jalen Mills, Tony Adams – sie sind alle gut in der Coverage und lassen wenig zu. ABER: wenn man sich hier gute Matchups gegen die LBs und die zweite Garde der CBs sucht, sind die Jets verwundbar. Williams, Sherwood, Brandin Echols – gegen diese Spieler ließe sich das Spiel durch die Mitte über TE Jonnu Smith, Tyreek Hill und den wohl spielfähigen Jalen Waddle aufziehen. Devon Achane als Widerpart von Breece Hall steht auch bei 1378 scrimmage Yards und 11 TDs. Er ist – mal wieder – die Waffe, auf die es offensiv ankommen wird. Key to win wäre es also, den RB sowohl im Pass als auch im Lauf gegen eine schwächelnde run defense einsetzen zu können. Buffalo hat letzte Woche 97 Yards erlaufen, die Rams 110 – in diese Region sollte auch Achane vorstoßen, wenn Miami sich die letzte Ausfahrt zu den Playoffs nicht selbst verbauen möchte.
Sollte es dann nicht klappen und sollte die Saison für die Miami Dolphins am Sonntag zu Ende gehen, muss man sicherlich ein wenig enttäuscht sein. Mit diesem Team und einer bessereren Gestaltung der „Tua injury“ sowie deren Nachwirkungen hätten die Dolphins bestimmt ein Wörtchen mehr um ihren ersten Playoff-Sieg mitgesprochen. Die letzte Woche in Cleveland hat zumindest eine neue Hoffnung geöffnet, dass Miami in der Lage ist, gegen mittelgute bis nicht so gute franchises auch mit Tyler Huntley zu gewinnen. Liefert der eine ähnliche Leistung b2b ab, steht zumindest der positive Record dieser Saison. Was dann in Denver passiert, liegt nicht in „unserer“ Macht. Es ist aber zumindest ein Silberstreif am Horizont geblieben, dass die Saison noch nicht in der Nacht von Sonntag auf Montag zu Ende gehen wird. Jetzt „Snoop“ zu Luke zu machen, wäre dann doch etwas übertrieben. Letzten Endes können aber die Dolphins nur gewinnen – die Jets haben diese Saison und ihr „Projekt Aaron Rodgers“ bereits krachend verloren. Mal sehen, wie viel Team noch in den „Grünlingen“ steckt und wie sehr sie den Divisions-Rivalen fallen sehen wollen. Es würde mich auch nicht wundern, wenn das Spiel wenig ansehnlich würde. Letzten Endes ist es Sonntag ja eh nur wichtig, dass ein Sieg herausspringt und die Broncos am Druck scheitern. Aber wir werden sehen ^^
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