Der Gratmesser – Macht Mike McDaniel gegen Josh Allen und die Bills den Allen Iversen oder muss man eher an Gary Cooper denken?

WAS: NFL-Spieltag Woche 4 – Miami Dolphins (3-0) @ Buffalo Bills (2-1)

WANN UND WO: 01.10.2023, 19 Uhr deutscher Zeit im Highmark Stadium, Orchard Park/NY

WIE ZU SEHEN: Im deutschen TV zu sehen bei DAZN als Einzelspiel (mit Julian Engelhardt und Roman Motzkus) oder in der NFL ENDZN (Kommentar: Lukas Bergmann). CBS schickt Jim Nantz und Tony Romo.

Auch in Vorbereitung zu Woche befinden sich die Miami Dolphins noch auf der Straße in Richtung Perfectville und nachdem der Sepember so wundervoll beendet werden konnte (3 Spiele, 3 Siege – 130:71 Punkte – drei AFC-Teams besiegt), startet der Oktober gleich mit einem Leckerbissen und DEM Spiel schlechthin. Der derzeit Führende der AFC East-Division gastiert am Sonntag beim Zweitplatzierten, den Buffalo Bills. Nicht nur die Tatsache, dass dieses Duell zum inzwischen 120. Mal ausgetragen wird, macht das Matchup so reizvoll. Nicht der Fakt, dass Miami im Vergleich overall noch knapp die Nase vorn hat. Nicht der Blick ins letzte Jahr, wo Miami (mal wieder) in der ersten Playoff-Runde an gleicher Stelle knapp an der Mannschaft von Sean McDermott scheiterte. Auch nicht das die Fins seit Weihnachten 2016 auf einen Erfolg bei den Bills warten und von den letzten 12 Gastspielen elf mal den Kürzeren zogen. Viel mehr die alles überstrahlende Frage, ob Mike McDaniel weiterhin in der Lage ist, Antworten auf die ihm gestellten Aufgaben zu finden (wo wir dann bei Allan „The answer“ Iversen wären – Ex-NBA-Profi der Philadelphia 76ers u.a. übrigens).

Buffalo Bills vs. Miami Dolphins history – eine Erfolgs-Geschichte nicht nur wegen „Gary Cooper“

Es stellt sich in erster Linie die Frage, ob der AFC Offense-Spieler des Monats September, welcher das Trikot der Miami Dolphins mit der 1 trägt, im Duell mit dem Madden-Cover-guy Josh Allen die Nase vorn haben kann oder ob der „Mann aus Wyoming“ (Name eines Schmachtfetzens aus den 1930ern mit Gary Cooper in der Haupt-Rolle. So lange dauert das Wafrten auf einen Auswärts-Sieg zwar nicht, aber fast) auf seinem home turf mal wieder groß aufspielen wird. Guckt man sich die Karriere des inzwischen 27-jährigen Absolventen der University of Wyoming an, der 2018 von den Bills gedraftet wurde, dann sind vor allem die Heimspiele gegen die Franchise aus dem Süden Floridas echte Highlights gewesen. 27 Touchdowns und einem passer rating von jenseits der 106 stehen lediglich 10 Interceptions gegenüber – verloren hat Allen außerhalb Floridas gegen die Dolphins überhaupt noch nicht.

Sowohl die Geschichte als auch die Person Josh Allen und seine Stärke sowohl beim passing game als auch als mobiler QB (allerdings hat er in dieser Saison „erst“ 12 Läufe für 89 Yards und einen TD zu Buche stehen) stehen außer Frage. Ein key to win ist auf jeden Fall das Containment des Spielgestalters, seine Wege und Schritte genau zu verfolgen und zu begrenzen. Diese Argumente stellen sich den ESPN-Analytics entgegen, die Miami knapp vorne und in der Favoriten-Rolle sehen. Gerade das „Denver-Debakel“ und die production des mobilen Russell Wilson vom letzten Wochenende kann den negativen Gesamt-Eindruck der Vergangenheit nur wenig schmälern, macht aber auch Mut auf ein herausragendes Spiel.

Miamis Power-Offense

Denn im Gegensatz zu den vergangenen Jahren tritt am Sonntag eine besten Offenses der Liga gegen eine der besten Defenses der Liga an. Jeder zwölfte Wurf von QB Tua Tagovailoa ist ein TD, er hat das beste passer rating und wird bei der offensiven production in einigen stats nur knapp von Kirk Cousins überboten. Dabei stoppen ihn auch Verletzungen seiner Receiver nicht – im Gegenteil. Zwar beinhaltet die den momentan wohl besten und schnellsten WR der Liga mit Tyreek Hill – aber sie ist nicht nur auf „Cheetah“ beschränkt. Auf Sonntag hin betrachtet wird die Situation auch nicht gerade geschmälert.

Jaylen Waddle ist aus dem concussion protocol zurück, die RBs der McDaniel-Offense kommen aus einem career game (Mostert und Achane erzielten dabei insgesamt sieben TDs rushing und receiving) und auch die Offensive Line ist nach der Rückkehr von LT Terron Armstead sowie der Tatsache gestärkt, dass auch Center Connor Williams trotz einer im Spiel gegen die Broncos erlittenen Verletzung am Sonntag wird spielen können. Ob für die WRs River Cracraft und Erik Ezukanma Ähnliches gilt, erscheint fraglich. Aber auch hier zeigte der aus dem Practice squad hochgezogene WR Robbie Chosen seine Klasse, als er bei seinem einzigen target 68 Yards in die Endzone geschickt wurde. Man hat insgesamt den Eindruck, dass Mike McDaniel und sein offensives Playcalling auf jede der gestellten Herausforderungen die passende Antwort finden, quasi den Allen Iversen geben. Die Chance scheint so gut wie seit Jahren nicht mehr, Zählbares aus Orchard Park mitnehmen zu können.

Die Defense der Bills – viele Stärken und wenige Schwächen

Dem stellen sich auf der anderen Seite die durch Sean McDermott gecoachten Bills entgegen – und die Aufgabe könnte kaum mehr ein Gratmesser darstellen. Zwar hat Safety Jordan Poyer in den letzten zwei Tagen wegen einer Knie-Verletzung nicht trainiert und sein Einsatz am Sonntag ist fraglich. Das schmälert den Top 5-Status der Secondary aber nur bedingt. LB Matt Milano, die CBs Tre´Davious White und Taron Johnson, Safety Micah Hyde – das Opponent passer rating liegt bei allen deutlich im zweistelligen Bereich. Aus der Luft hat Buffalo magere zwei TDs hinnehmen müssen – ein absoluter Top-Wert in der NFL.

Top-Wert waren auch die neun Sacks des vergangenen Spieltags. Sam Howell wurde durch die Herren Leonard Floyd, Ed Oliver, Terell Bernard oder DaQuan Jones ganz schön oft unter massiven Druck gesetzt. Allerdings kommt dieses Quartett über die drei Spiele verteilt lediglich auf zwölf. Die Aufgabe wird gegen gerade DE Leonard Floyd keine kleine werden (3.5 sacks, drei tackles for loss) – Miamis O-Line scheint auf das Duell aber hinreichend vorbereitet. Sowohl in der pass protection als auch dem run blocking lässt sich die bisherige Saison sehen. Ein Schlüssel liegt in der Implementierung des Laufspiels. Sowohl aufgrund der Tatsache, dass Mike McDaniel in den letzten drei Spielen zwei mal 30+ rushes angeordnet hat, die Dolphins in diesen Spielen bei einer Null-Niederlagen-Bilanz stehen. Das liegt aber auch an der defense der Bills, die gegen Breece Hall von den Jets 127 Yards und Brian Robinson Jr. von den Commanders 70 Yards auf dem Boden zugelassen haben. Es darf also davon ausgegangen werden, dass Mike McDaniel gegen die Bills wieder mal eine Mischung aus Pass und Laufspiel austüfteln wird – oder sich eine ganz andere Antwort überlegt hat. Hier wird man 2023 ja auch des Öfteren überrascht.

Die Offense der Bills – kontrolliere die „Säulen“

Weit weniger überrascht wäre man, wenn Josh Allen mal wieder durch das Trash-talking seines „Lieblings-Freundes“ Christian Wilkins in den Wahnsinn getrieben würde. In den letzten Meetings hat der Dolphins-DT doch regelmäßig davon Gebrauch gemacht, dass er offenbar mietfrei im Kopf des Buffalo-Passwerfers zu wohnen scheint. Um die Offense und gerade auch „Mr. Madden“ zu stoppen, braucht es aber viel mehr als das. Das Stichwort „Containment“ ist hier ein Schlüssel. Gelingt es Vic Fangio und seiner defense, neben Allen auch das neuerdings erstarkte Laufspiel der Bills zu stoppen? James Cook legt beeindruckende Zahlen auf und entlastet das Pass-Spiel, weil der eigene QB nicht mehr selber laufen „müsste“. Die Offense ist also noch einmal variabler geworden (hier lässt sich durchaus der Vergleich zur Dolphins-Offense ziehen), wenn ihr neben Stefon Diggs und mit Abstrichen Gabriel Davis auch die dritte zuverlässige Anspiel-Station ein bisschen abgeht. Da die beiden allerdings zusammen für knapp 450 Yards und 3 TDs stehen, dann braucht es nicht viel mehr, um dem eigenen QB den Rhythmus und die Ruhe zu geben, die für ein konstant gutes offensives Spiel benötigt würde. Wie also dieser Unit die Variabilität nehmen und die Kontrolle gewinnen?

Wie jedes Spiel entscheidet sich dieses Duell in erster Linie an der line of scrimmage. Zu drei erfahrenen Kräften kamen mit Connor McGovern ein hervorragender Guard aus der Line der Cowboys sowie mit Cyus O`Torrence ein erstaunlich guter und in der Entwicklung weiter Guard hinzu, so dass diese Baustelle des letzten Jahres vermeintlich geschlossen werden konnte. Sieben sacks in Spielen gegen z.T. namhafte pass rusher der Jets, Raiders und Commanders wurden lediglich sieben sacks zugelassen – von Washington letzte Woche kam gar keiner. Nichtsdestotrotz muss sich der pass rush der Dolphins mit 20 pressures und einem Sack gegen Russell Wilson nicht verstecken. Es wäre schön, wenn nicht Chubb, van Ginkel, Phillips ODER Ogbah einen sehr guten Tag erwischen. Das hat man in den letzten Wochen ja das ein oder andere Mal gesehen. Gegen die Bills muss die gesamte D-Line rotation konstant einen hohen Druck erzeugen, der Josh Allen entnervt. Die Jets in Woche eins haben es mit fünf Sacks vorgemacht.

Die Voraussetzungen sind so schlecht nicht. Zwar hat Miami nicht DEN Sack-Jäger an Bord, aber neun Spieler waren zumindest an einem beteiligt. Was die Aussichten allerdings schmälert, ist die Leistung Josh Allens gegen den Druck. Gleich hinter DEM Über-QB Patrick Mahomes gilt auch der Bills-Spielführer als hier besonders stark. Die Kunst, die aber in der Theorie Fangio sicher beherrscht, wird es sein, hier ein gesundes Mittel zu finden. Die wenigen Säulen der offensiven Stärke neben Allen sind zwar nicht zahlreich, aber äußerst tragend.

Der statistisch gesehen beste Safety der Liga, „Snowman“ Jevon Holland, wird es in erster Linie mit Elite-WR Stefon Diggs, WR Gabriel Davis und RB James Cook zu tun haben. Realistischerweise gab es in der Secondary in den letzten Spielen immer mindestens einen der DBs, die einen schlechten Tag erwischt hatten und für Flaggen und Yards verantwortlich zeichneten. Xavien Howard, Eli Apple und Kader Kohou haben auf dem Papier ein ziemlich gutes Coverage-Rating und erst drei passing TDs zugelassen. Sie werden Diggs nicht ausschalten können – aber mit Safety-Unterstützung lässt sich sicher auch der kontrollieren. Nur mit einer starken kollektiven Leistung lässt sich das Spiel lange offen halten und bliebe in Reichweite.

FAZIT

Es kommt ein auf beiden Seiten erheblicher Gratmesser auf die AFC East zu. Wenn es den Dolphins gelingt, Josh Allen zu kontrollieren und zu containen, das Laufspiel zu begrenzen und die big plays wegzunehmen, dann lässt sich die Offense der Bills zumindest im Griff zu behalten. Klappt es, das Spiel lange eng zu halten, lässt sich das Spiel sicherlich neutralisieren und eine Chance wird größer, hier auch siegreich zu sein. Die Historie spricht gegen die Dolphins – und das deutlich. In vielen predictions vor der Saison wurde das Spiel bei den Bills als Niederlage eingerechnet. Sollte es Mike McDaniel und Co. nicht gelingen, auf die Stärken der Bills Antworten zu finden, kann es ein erheblicher Downer des Hypes zu sein. Bislang gelang es aber gerade auch während der Spiele, die richtigen Antworten zu finden und zu adaptieren. In den wesentlichen Aspekten gleichen sich gewisse Kompetenzen aus. Sollten hier Historie und Heimvorteil eine Rolle spielen, wird die Serie an Niederlagen in Orchard Park weitergehen. Aber dieses Jahr ist es trotz des weiteren 3:0-Starts trotzdem irgendwie anders. Wenn wir ein faires Spiel ohne Verletzten erleben, das lange spannend und eng bleibt, ist bereits viel gewonnen. Vielleicht wird ja einer der Spieler der Miami Dolphins dem Ex-Basketballer Allen Iversen seinen Spitznamen abluchsen und die Antwort auf die Frage sein, wer dafür verantwortlich war, dass die Serie an Niederlagen in Buffalo am kommenden Sonntag enden könnte.

Fins Up!

TK

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