Da es in der letzten Woche leider keine Preview gab und ich dankenswerterweise dieses Jahr an Weihnachten nicht arbeiten muss (ein Dank gilt allen, die an den Feiertagen „den Laden am Laufen“ halten und auf ihre Weihnachten verzichten), ein paar Gedanken zum gestrigen Sieg über die San Francisco 49ers; aus mehrerer Hinsicht wird er nämlich noch etwas im Gedächtnis bleiben – individuelle Meilensteine garnieren nämlich den Sieg, der die Flamme der Playoff-Hoffnungen der Miami Dolphins am Leben erhält.
Schon im Vorfeld war klar, dass sich die Dolphins keine weitere Niederlage mehr würden erlauben dürfen. Es war auch durch die Ergebnisse im frühen Sonntags-Fenster klar, dass die Gäste den Playoff-Zug in diesem Jahr endgültig verpassen würden. Eine Favoriten-Rolle konnte bei zwei Teams mit dem selben Record (6-8) nicht wirklich verteilt werden; der Ausfall von WR Jaylen Waddle schien die Waage etwas mehr in Richtung des Teams aus der Bay area zu bewegen. Doch nicht nur der record, auch die beiden Coaches boten eine Gemeinsamkeit: beide entstammen dem sog. „Shanahan coaching tree“, ausgehend von Mike Shanahan – sie kennen sich sehr gut und hatten in der Vergangenheit auch einige Jahre zusammen gearbeitet. Neben dem Sportlichen eine zusätzliche Brisanz.
Durch den Ausfall von Waddle und die langwierige Verletzung von Tyreek Hill war klar, dass Miami das Spiel würde auch auf dem Boden gewinnen müssen. Devon Achane sollte hier eine wesentliche Rolle zukommen und er galt als der Schlüssel-Spieler der Dolphins-Offense. Das Tua auf seine 3 INTs in Houston würde reagieren müssen, war ebenfalls im Vorfeld klar – und was soll man groß sagen? 22/34 für 215 Yards, 1 TD, 0 INTs und sacks, 92er-rating – Tua machte ein gutes Spiel. Zwar war er bei dem ein oder anderen Ball etwas unsauber – sein Star-Receiver mit der Rücken-Nummer 10 unterstützte ihn dabei aber auch nur bedingt. Es ist zu merken, dass Tyreek Hill nicht zu 100% fit und bei der Sache ist. Mehrere Drops (u.a. einer in der Endzone) verhinderten, dass man bei „Cheetah“ trotz eines TDs bei lediglich 29 Yards von einem guten Spiel sprechen könnte. Mindestens 2-3 der vier nicht gefangenen Bälle in seine Richtung hätte Hill fangen können, wenn nicht gar müssen.
Insgesamt kam die Offense nur schwer ins Rollen. Von den fünf offensiven drives in der ersten Hälfte endeten zwei mit FGs von Jason Sanders (aus 44 und 38 Yards). Mehr war aufgrund der Drops und einer gelben Flagge (unsere Guards mal wieder…) leider nicht drin. Die Ausnahme bildete ein Drive Mitte des zweiten Viertels, in dem Mostert/Achane/Tua/Washington den Ball gut bewegen und Tyreek seinen TD erzielen konnte, der Miami – nach Sanders´ erfolgreichem PAT – mit einer Führung in die Kabine gehen ließ.
Generell zeigte sich das running game gestern deutlich verbessert. In Verbindung mit vielen Pässen an oder hinter die Line of Scrimmage (10 completions) konnte die Offense von OC Frank Smith durchaus gut den Ball bewegen. Dreh- und Angelpunkt dabei war Miamis #28 – und er lieferte. Nicht in erster Linie im Laufspiel (nimmt man das big play raus, steht er dort bei 16 rushes für 70 Yards. Auch okay, aber nicht wirklich gut), sondern als Receiver. 6 Receptions für 70 Yards im passing game sind schon nicht schlecht für einen RB. Das Ganze krönte er durch einen TD run über 50 Yards – und ich bin ihm immer noch böse deswegen. Denn wenn er sich in dem play an der 2 auf den Boden setzt, ist das Spiel vorbei. So hatten die Niners gegen Ende noch eine Rest-Chance. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. 190 Yards scrimmage, 1 TD, in 23 von 64 Spielzügen am Ball (knapp 35%) – dieses Spiel trägt den Namen Devon Achanes. Ist er aus meiner Sicht Spieler des Spiels? Es gäbe da noch eine andere Wahl, denke ich…
Den Titel kann ihm nur einer streitig machen: SLS – strong leg Sanders! Jason Sanders gestern mal wieder mit dem, was man von ihm gewohnt ist. Das macht auch nicht der eine Kick zunichte, den er ins Seitenaus setzte und den Niners erlaubte, ihren Drive an der 40 zu beginnen. Er stellte mit nun insgesamt 23 verwandelten Field Goals in Folge einen neuen Franchise-Rekord auf. Durch den PAT nach dem Tyreek Hill-TD konnte er seine Karriere-Punkte auf 800 schrauben, das Spiel bei 810 beenden. Damit liegt er zwar noch über 200 Punkte hinter Olindo Mare – das Übertreffen von Garo Yepremian (825 Punkte) ist aber durchaus denkbar, dann wäre Sanders Nr. 2 Point scorer in franchise history. Deswegen hat unser Kicker mit 17 Punkten einen Case für den Player of the game und wesentlichen Anteil am Erfolg.
Noch zu erwähnen wäre dann der Franchise-Rekord von TE Jonnu Smith. Generell eher mit einem ruhigen Spiel für seine Verhältnisse (6 Receptions für 62 Yards sind da nicht herausragend – und das heißt etwas) konnte der absolute steal der Free Agency mit 798/802 Yards (widersprüchliche Quellen) Receiving bei 75 Receptions zwei neue Rekorde für die Position des Tight End aufstellen. Gesicki, McMichael, Clay – sie alle hatten nicht die offensive Bedeutung, die der 29-Jährige seit ungefähr der Hälfte der Saison in Miami einnimmt. Wir haben einen aktiven Tight End und nutzen ihn auch dementsprechend – da muss man sich erst noch dran gewöhnen, dass dies so ist.
Eigentlich könnte man bei 4 von 5 Drives in der zweiten Hälfte mit Scores (3 FGs, 1 TD), 29 erzielten Punkten, 381 Yards total offense von einer dominanten Vorstellung sprechen. Warum das nicht zutrifft, lag in erster Linie an der anderen Seite des Balls…
In der Defensive fielen gestern auch wieder altbekannte „Krankheiten“ auf: Das miese Tackling, insbesondere der Secondary. Man kann nicht behaupten, dass Niners-QB Brock Purdy durch Chop Robinson (nach hinten raus 1 sack), Zach Sieler (selbstredend mit seinem Sack 8.5 der Saison) oder Jordyn Brooks (ebenfalls ein Sack und gutes Spiel; leider bei einem Catch von Kittle kurz vor der eigenen Endzone mit Pferdekuss von Ramsey vom Platz gegangen) und Emanuel Ogbah keinen Druck verspürt hätte. Dennoch konnte er – gerade nach dem Ausfall von Brooks – Duke Riley als zeitweisen Ersatz täuschen und so einen easy TD (seinen zweiten) auf TE Eric Saubert erzielen. Ein abgefälschter Ball von Chop Robinson verhinderte einen weiteren Passing-TD auf den freistehenden George Kittle.
Den ersten TD zu SFs zwischenzeitlicher Führung konnte WR Deebo Samuel erzielen. Apropos Samuel: wer es dem angeschlagenen Purdy und dem formschwachen WR erlaubt, wie eins der stärksten Duos der Liga auszusehen, bei dem kann gar nicht alles optimal laufen. Den TD darf er gar nicht erzielen, weil vorher sowohl Poyer als auch Holland die Möglichkeit haben, das Tackle zu setzen – beide verweigern es und gehen lieber auf den Ballgewinn. So verpassen beide das Tackling und Deebo kann in die Endzone kommen. Generell gelang dies dem Passfänger der Niners nicht nur ein mal; insgesamt 96 Yards, eben jener TD und viele broken tackles machten ihn und TE George Kittle (8 Receptions für 106) zu einem offensiven Unruhe-Herd; das running game mit 81 Yard total production konnten die Fins hingegen als Faktor oftmals gut verteidigen. Zwar scrambelte QB Brock Purdy ganz ansehnlich (4 für 26 Yards), ansonsten kam vom Back-Back-Backup-RB squad aber nicht so viel. Purdy hingegen sah zwischenzeitlich wieder deutlich verbessert aus.
26 von 40 Würfen angebracht, 313 Yards erzielt und 2 TDs erzielt, lediglich drei mal gesackt worden – in einem Spiel, in dem Purdy nach und nach aufgrund von Verletzungen die ohnehin schon geschwächte O-Line immer weiter auseinander brach, machte er seine Sache eigentlich ganz gut. Das DT Benito Jones im ersten Quarter beinahe einen abgefälschten Ball von Purdy zu seiner ersten Career-INT abgefangen und ohne Helm den Ball hätte weitertragen wollen, verhinderten leider – trotz einer Challenge – die Entscheidung on field und fehlende Griff-Kraft von Jones in den Fingerkuppen. Danach hatte der QB aus dem Shanahan-System eigentlich das Spiel ganz gut unter Kontrolle. Fehlende Konzentration, offensive Flaggen, persönliche Strafen (generell bei den Niners mit 10+ Bestrafungen im Spiel) verhinderten immer wieder ein Vorankommen und einen größeren Erfolg auf beiden Seiten des Balls. Das lag nur bedingt an Purdy, setzte ihn aber gegen Ende unter Druck, wobei auch ein Fehl-Versuch des Kickers aus San Fran (der eben nicht Sanders ist) nicht gerade dazu beitrug, dass das Shanahan-Team mehr als nur nahe dran kam. Einen möglichen game winning Drive warf Purdy CB Kader Kohou in die Arme, der damit den langen run von Achane und damit den Sieg der Dolphins einläutete.
Trotz der Tatsache, dass also die Defense nur teilweise gut und auch in der Offense einige Spieler ihren Leistungs-Zenit noch nicht gefunden haben, war das Spiel durchaus kontrolliert und ansehnlich. Mit den runs klappte es spätestens dann besser, als Isaiah Wynn auf Guard Liam Eichenberg ablöste. Beide spielten ungefähr die Hälfte der snaps. Auf Sanders kann man bauen, Achane lieferte ab und die Secondary war mal wieder dann auf der Höhe, wenn es notwendig war. So konnte der W eingetütet werden und der Playoff-Reach geht weiter. Nächste Woche Montag in Cleveland übrigens – eventuell auch wieder mit einer Preview (wahrscheinlich am Donnerstag). Bis dahin:
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