„The same procedure as every year“ – Die Offensive Line der Miami Dolphins und ihre Zukunft

Es wäre doch mal schön, wenn sich gewisse Dinge nicht jedes Jahr wiederholen würden. Aber auch schon wie in der letzten Offseason stehen die Miami Dolphins vor der Aufgabe, ihre schwächelnde Offensive Line umzubauen und so sowohl das run blocking für Achane und Co. als auch die protection des Quarterbacks im Pass Blocking zu verbessern. Dazu sind bereits einige zwangsläufige Veränderungen bekannt bzw. stehen bereits drohend am Horizont. Es stellt sich die Frage, was man in der abgelaufenen Saison hatte, wo Stärken/Schwächen zu suchen sind und wo Veränderungen anstehen könnten. Chris Grier steht hier vor einer spannenden Aufgabe in den nächsten Wochen und Monaten (die FA-Phase beginnt Anfang März, der Draft ist Ende April).

I. Eine Bestands-Aufnahme: Die Offensive Line der Miami Dolphins 2024/25

Eigentlich wollten die Miami Dolphins mit den Tackles Armstead/Jackson, den Guards Wynn/Jones sowie Center Aron Brewer in die Saison gehen. Leider stand diese Formation in der Saison genau null Mal zusammen auf dem Platz. Zwar fiel der Left Tackle (Terron Armstead, mit immerhin knapp 72% der offensiven snaps) in dieser Saison nur zwei Spiele aus. Dafür verpassten aber Guard Isaiah Wynn (bis Mitte November, erst in Green Bay wieder fit. Insgesamt nur mit knapp über 100 snaps oder 9%) und Right Tackle Austin Jackson (diese Zeitspanne überlappend seit dem Spiel bei den Rams mit Saison-Aus, 47% der snaps) weite Teile der Saison. Spieler wie G Lester Cotton (5% snaps) oder OT Jackson Carman (6%) konnten diese Lücken nur schwer bis gar nicht füllen. Rookie-OT Patrick Paul und Veteran Kendall Lamm (knapp 30% bzw 45%) waren zumindest quantitativ in der Lage, die äußeren Line-Positionen zu besetzen. Das brauchten die Dolphins in der Mitte kaum zu tun, denn sowohl Center Brewer (einziger Spieler im roster mit 100% snaps – 1138) als auch die beiden Guards Liam Eichenberg (91%) und Robert Jones (95%) waren bis auf einige Ausnahmen verfügbar und auch auf dem Platz.

Betrachtet man sich alleine den statistischen Wert der „allowed pressures“, besitzt Miami die viertbeste O-Line der Liga. Das liegt aber – so auch nach Aussage von PFN – an Tuas schnellem release. Die Line muss gar nicht so lange halten, wie sie das mit anderem System müsste. Würde sie wahrscheinlich auch nicht. Zeigt sich auch an der Tatsache, dass die Anzahl der Sacks allowed insgesamt niedrig und auch der Wert der „Sack/Pressure %“ nicht gerade hoch ist. Das ist dann aber auch der einzige Bereich, in dem es Positives zu vermelden gäbe.

Zwar gibt es im Englischen den Slogan „the best ability is availability“ – das trifft gerade auf die mittleren Positionen der Fins-Oline nur bedingt zu. Betrachtet man sich die Statistiken, schneidet Miami gerade in den Bereichen des Blockings nicht sonderlich gut ab. Am Besten kommt die Unit noch in der Overall Block win rate weg – da ist sie mit 61,80% auf Platz 26 gelistet. Patriots, Bengals, Giants, Jets, Saints, Panthers – die alle waren nicht so gut wie Butch Barrys Truppe. In den einzelnen Metriken Pass blocking (nur Seahawks und Titans blocken das eigene Laufspiel schlechter) sowie run Blocking (Miami lässt hier nur die Raiders hinter sich) gestaltet sich die Lage aber derart verheerend, dass Miami mit recht stattlichem Abstand als mit „worst O-Line in 2024“ gilt. Chris Griers „You´re more worried about the O-Line than we do“ aus dem letzten Jahr fällt dem GM nun natürlich vor die Füße und er ist gefordert, Verbesserungen an der Unit vorzunehmen. Die stehen nicht alleine wegen der sportlichen Misere an, sondern sind schon von der vertraglichen Gestaltung des rosters notwendig, wie ein Blick darauf verraten kann.

II. Die Verträge oder Nicht-Verträge der Miami Dolphins im Bereich Offensive Line 2025

Für die kommende Saison stehen Stand jetzt nur wenige gestandene Spieler und viele Liner im roster, die es schwer haben werden, zu den „Auserwählten“ zu gehören. Spieler wie T Bayron Matos, die LTs Braedan Daniels und Ryan Hayes, Guard Chasen Hines oder BU-Center Andrew Meyer haben alle mehr oder weniger nicht die Qualität für die NFL und das finale roster, aber einen gültigen Vertrag mit den Dolphins. Gleiches gilt für RT Austin Jackson, Center Aaron Brewer und OT Patrick Paul sind ebenfalls noch an die franchise gebunden. Dies sieht bei einigen startern der Saison aber durchaus etwas anders aus:

  • RT Kendall Lamm, der nach der Verletzung von Austin Jackson übernahm und 45% der offensiven Snaps auf dem Feld stand, wird wohl seine cleats an den Nagel hängen. Sein PFF-rating von 72,7 sowie das Pass Blocking (83,1%) sehen doch sehr ordentlich aus. Gilt leider nicht für den run block. 53,7 sind schlichtweg nicht gut und bedeuten Platz 109 unter den Tackles. Wollte vor der Saison schon retiren, wird dies aber in dieser Offseason tun. Ein vierter OT wird demnach auf der „Einkaufsliste“ stehen, der Jackson, Paul und Armstead notfalls wird ersetzen können.
  • Ob LT Terron Armstead aufhört, ist noch nicht vom Tisch. Er wird zur neuen Spielzeit hin 34 Jahre alt sein. Seine Leistungen in 2024 waren aber herausragend und Top 10-Tackle-würdig. Über 80 in den drei bekannten Kategorien (89,4 overall, 84.9 pass blocking, 83,4 im run block) ließen das eigentlich nicht zu – im Gegensatz zum Cap space. Sollte man „TA“ cutten, sparen die Fins 4,2 (vor Juni) und 15 Millionen Dollar (nach Juni 2025). Von daher ist es schon nicht unwahrscheinlich, dass Miami sich auf LT nach einem Nachfolger wird umsehen müssen.
  • Liam Eichenberg steht zu Beginn auf der Liste der Guards, die nach der aktuellen Saison bei den Fins Free Agents werden. Der ehemalige 2nd round-Pick ist flexibel einsetzbar und offensichtlich gut im Trashtalking. Das war es mit den positiven Dingen aber auch fast schon. Der 26-Jährige ist tastächlich 81. Guard der Liga, wenn es den run Block betrifft – aber auch nur da. Ein pass blocking grade von knapp unter 50, 104. Guard der NFL, neun Penalties und zwei sacks commited – der Right Guard hat seine Vorteile: er kann überall in der Line jede Position spielen. Ich sehe ihn maximal als Backup – eigentlich sollte die Reise für ihn in Miami aber nach vier Jahren zu Ende gehen.

  • Robert Jones ist ein ähnliches Schicksal wie das von Liam Eichenberg – seine Werte für die Saison sind durchweg bescheiden. 88. im pass blocking, 96. im run blocking sowie mit einem 52er-rating Platz 92 der NFL belegend – Miami sollte sich tunlichst nach einem Ersatzmann für die IOL umsehen, denn die Dolphins haben Bedarf an einem C/G (als Backup u.a. für Brewer) sowie an zwei neuen Guards. Warum das nur zwei sind, folgt im Anschluss und hat viel mit der Personalie zu tun.
  • Isaiah Wynn ist der einzige Guard, den ich verlängern würde. Eben weil er schon eine solche Erfahrung bei seinen Auftritten hatte und dabei durchaus gute Ansätze gezeigt hatte, darf er aus meiner Sicht bleiben und einen neuen Vertrag unterschreiben. Er sollte die blindside von Tua gemeinsam mit Austin Jackson weiter schützen dürfen.

Bedeutet im Umkehrschluss: Miami muss was tun. Das hat auch der GM erkannt und auf einer PK klargestellt, dass dies auch geschehen wird. Er möchte gerne einen Fokus in der Offseason auf die Veränderung der Line legen. Das sowohl aus Gründen der Qualität als auch der Quantität. Derzeit besitzen die Miami Dolphins ein wenig an cap space und zehn Picks im 2025er NFL-Draft. Zwei Guards (einer davon als Center-BU zu gebrauchen), mindestens einen Tackle (BU mit starting-Kaliber) – unter drei Verstärkungen wird es nicht funktionieren und die Aussagen von Chris Grier verhallen (mal wieder?) tatenlos. Denn das Eine ist nach der Untätigkeit auf diesen Positionen relativ klar: Die Fanbase der DolFans wird sehr kritisch beäugen, was ihr GM so alles (nicht) unternehmen wird. Sollte auf dieser Position recht spannend werden.

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